AG Brandenburg – Exhibitionist wollte auspacken


Im Juli vergangenen Jahres stand eine Frau mit ihrem Pkw vor dem geschlossenen Bahnübergang in Gollwitz. Aus dem Wagen vor soll plötzlich ein Mann ausgestiegen sein, seine Hose geöffnet und vor der Frau masturbiert haben, berichtet die Märkische Allgemeine Zeitung in ihrer Online-Ausgabe. Ein derartiges Verhalten ist als exhibitionistische Handlung strafbar.

In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Brandenburg soll sich der Angeklagte damit verteidigt haben, er sei zwar tatsächlich hinter sein Auto gegangen. Dort habe er allerdings lediglich uriniert. An seinem Geschlechtsteil manipuliert zu haben bestritt er. Diese sei im Laufe der Jahre auch geschrumpft. Zum Beweis soll der Angeklagte angeboten haben, zusammen mit dem Richter und der Staatsanwältin die Toilette aufzusuchen und dort das Corpus Delicti vorzuführen. Diesen „Beweisantrag“ lehnte der Richter ab, stellte in Aussicht, dass der Angeklagte, wenn er bei seinem Antrag bleibe, sich wohl eher einem Sachverständigen begutachten lassen müsse und stellte das Verfahren mit Einverständnis aller Verfahrensbeteiligten gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 600 Euro ein.

Das Gericht wird sich bei der Erwägung, wie das Verfahren am besten beendet werden kann, allerdings nicht allein von dem interessanten, aber für die Frage einer Strafbarkeit völlig unerheblichen Beweisantrag des Angeklagten leiten lassen haben. Entscheidend wäre eher die Frage, ob der Angeklagte eventuell tatsächlich nur uriniert hat, ob er die Frau überhaupt wahrgenommen hat und wenn er an seinem Geschlechtsteil manipulierte, ob dies aus einer sexuellen Motivation heraus geschah. Auf die Größe des Geschlechtsteils kommt es dabei nicht an.

Nach einem Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG, Urteil vom 16.06.1998, AZ: 2 St RR 86/98, in BayObLGSt 1998, 89; NJW 1999, 72; NStZ 1998, 515) setzt der Tatbestand des § 183 StGB voraus, dass der Täter schon die Entblößung in der Absicht vornimmt, dadurch sexuelle Befriedigung zu erlangen oder sich sexuell zu erregen oder vorhandene geschlechtliche Erregung zu steigern. Die Motivation eines wegen Verdachts einer exhibitionistische Handlung Angeklagten kann daher nicht offen bleiben. Wenn sie nicht sicher festgestellt werden kann, wäre der Zweifelssatz anzuwenden (BGH, Beschluss vom 08.08.2007, AZ: 2 StR 235/07, HRRS 2007 Nr. 905) und der Angeklagte freizusprechen.

Da die Feststellung allein subjektiver Motive sehr schwierig und zeitaufwändig ist, wurde dem Angeklagten, auch wenn sein Beweisantrag irgend etwas zu seinen Gunsten ergeben hätte, eine Verurteilung wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses (§ 118 OWiG) in Aussicht gestellt, um auch ihn von der Verfahrenseinstellung gegen Auflage zu „überzeugen“.

Quelle: Märkische Allgemeine vom 09.01.2008

, ,