Nachdem nahezu alle in Wettbewerbsstreitigkeiten angerufenen Oberlandesgerichte die amtliche Widerrufsbelehrung für rechtswidrig erklärt haben (z.B. Kammergericht, OLG Frankfurt a.M., OLG Hamburg, OLG Hamm, OLG Köln, auch das LG Halle – der BGH hatte noch keine Gelegenheit sich hierzu zu äußern), hat das Bundesjustizministerium auf die vehemente Kritik aus der Wirtschaft reagiert und nach dem kurzen Zeitraum von nur fünf Jahren einen ersten Diskussionsentwurf für eine Änderung der Musterwiderrufsbelehrung veröffentlicht.
Ursprünglich sollte die in der BGB-InfoV enthaltene Musterwiderrufsbelehrung den Unternehmern im Fernabsatz die Erfüllung der gesetzlichen Informationspflichten erleichtern und Orientierungshilfe für die Gestaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Widerrufsbelehrung sein. Letztlich sahen sich aber auch die Unternehmer kostenpflichtigen Abmahnungen von Konkurrenten ausgesetzt, welche den Mustertext wortgetreu übernommen hatten. Nach Ansicht der überwiegenden Rechtsprechung widersprach die Musterwiderrufsbelehrung eklatant den gesetzlichen Vorgaben. Niemand, auch nicht der versierteste Rechtsanwalt, sah sich angesichts dieser Rechtsprechung noch in der Lage, einen rechtlich abgesicherten Online-Shop auszugestalten.
Der jetzt vorgelegte Diskussionsentwurf wird – wenn er so verabschiedet wird – die Probleme nicht lösen, die Wettbewerbsstreitigkeiten werden nur auf andere „Kriegsschauplätze“ verlagert. So wird der Entwurf dann auch heftig kritisiert, sogar als „absoluter Wahnsinn“ bezeichnet. Der neue Vorschlag offenbare „ein weiteres Mal, diesmal in Vollendung, welche Ausmaße inzwischen die Inkompetenz des Gesetzgebers im Online-Bereich angenommen hat“.
Der Diskussionsentwurf zur 3. Verordnung zur Änderung der BGBInfoV
Ein Unternehmer soll nach dem Entwurf, um seinen Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher über den Beginn der jeweiligen Widerrufsfrist nachzukommen, in seiner Widerrufsbelehrung die gesetzlichen Normen als Anhang beifügen, die nach Vertriebsart und Vertragstyp im Einzelfall eingreifen. Im Fall eines Fernabsatzgeschäftes muss beispielsweise der § 312c Abs.2 BGB iVm. § 1 BGB-InfoV sowie der § 312e Abs.1 S.1 BGB iVm. § 3 BGB-InfoV und § 2 BGB-InfoV in einem Anhang abgedruckt werden. Kommen mehrere der angegebenen Vertriebsarten in Betracht, werden, wächst der Umfang der abzudruckenden gesetzlichen Vorschriften entsprechend. Eine Erläuterung der abgedruckten Vorschriften wird glücklicherweise vom Unternehmer nicht verlangt.
Da gemäß § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV schon vor Abgabe der Vertragserklärung über sämtliche Einzelheiten informiert werden muss, stellt sich die Frage, wie und wo ein solcher Text bei z.B. im Katalogversandhandel, Bestellcoupons in Zeitschriften oder Bestellungen in Internetshops praktisch untergebracht werden soll.
Eine Stellungnahme zu der umstrittenen Rechtsproblematik, ob die Vorhaltung der Widerrufsbelehrung auf einer Internetseite den Erfordernissen der Textform genüge, fehlt im Entwurf völlig.
Hinsichtlich des Wertersatzes für die Nutzung eines vom Verbraucher zurückgeschickten Kaufgegenstandes ist die Regelung enthalten, dass diese entfällt, wenn ein Hinweis auf die Wertersatzpflicht des Verbrauchers nicht spätestens bei Vertragsschluss erfolgt. Für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung muss der Verbraucher dann keinen Wertersatz leisten. Ein gleichlautender Hinweis soll in die Widerrufsbelehrung eingefügt werden.
Auch mit den Änderungen der BGBInfoV wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis das erste Gericht der Ansicht ist, dass die Pflichten des BGB nicht ausreichend umgesetzt werden und auch die neuen Widerrufsbelehrungen unwirksam und wettbewerbswidrig sind. Diesem Problem ließe sich nur vermeiden, wenn die neuen Änderungen den gleichen Normenrang hätten wie das BGB selbst und nicht nur in Form einer gesetzessystematisch nachrangigen Verordnung verabschiedet würden.
Diskussionsentwurf zur 3. VO zur Änderung der BGBInfoV (pdf)
Quellen und Diskussion:
Blog der Kanzlei Lampmann-Behn vom 19.11.2007
Blog der Kanzlei Maas vom 20.11.2007
Info der Kanzlei Dr. Bahr vom 17.11.2007
Shopbetreiber-Blog vom 16.11.2007