Bundesarbeitsgericht – Ansprüche wegen „Mobbing”


Der klagende Oberarzt ist in der Klinik der Beklagten als Neurochirurg beschäftigt. Zunächst war er Erster Oberarzt der Neurochirurgischen Abteilung, dann deren kommissarischer Leiter. Seine Bewerbung um die Chefarztstelle blieb erfolglos. Die Beklagte bestellte einen externen Bewerber zum Chefarzt, von dem sich der Kläger „gemobbt” fühlt. Ein von der Beklagten in die Wege geleitetes „Konfliktlösungsverfahren” blieb erfolglos. Der Kläger wegen einer psychischen Erkrankung zuletzt arbeitsunfähig.

Der Kläger verlangt, dass die Beklagte das Anstellungsverhältnis mit dem Chefarzt beendet, hilfsweise, dass sie ihm einen anderen gleichwertigen Arbeitsplatz anbietet, an dem er Weisungen des Chefarztes der Neurochirurgie nicht unterliegt. Außerdem verlangt er Schmerzensgeld. Er meint, die Beklagte hafte dafür, dass der Chefarzt sein Persönlichkeitsrecht verletzt habe. Die Beklagte bestreitet „Mobbinghandlungen” des Chefarztes. Sie habe alles in ihrer Macht Stehende getan, um das Verhältnis zwischen Kläger und Chefarzt zu entspannen. Eine andere adäquate Tätigkeit für den Kläger sei nicht vorhanden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der Chefarzt habe „mobbingtypische Verhaltensweisen” gezeigt, die sowohl den zwischenmenschlichen Umgang als auch die Respektierung der Position des Klägers als Erster Oberarzt betroffen hätten. Dennoch hat es einen Schmerzensgeldanspruch verneint, weil der Chefarzt nicht habe erkennen können, dass der Kläger auf Grund der Auseinandersetzungen psychisch erkranken werde.

Das Bundesarbeitsgericht hat das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Wer in seiner fachlichen Qualifikation herabgewürdigt wird und deshalb psychisch erkrankt, hat gegen seinen Arbeitgeber Anspruch auf Schmerzensgeld. Für den Schmerzensgeldanspruch habe die Beklagte einzustehen, da der Chefarzt ihr Erfüllungsgehilfe sei. Über die Höhe des Schmerzensgeldes muss das Landesarbeitsgericht neu entscheiden. Auch ist noch zu prüfen, ob der Kläger unmittelbar Ansprüche gegen die Beklagte hat, weil diese möglicherweise ihre Verpflichtung verletzt hat, den Kläger vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz zu schützen. Die Entlassung des Chefarztes kann der Kläger im Regelfall hingegen nicht verlangen. Anspruch auf das Angebot eines gleichwertigen Arbeitsplatzes, an dem er nicht mehr den Weisungen des bisherigen Chefarztes untersteht, hat der Oberarzt nur dann, wenn ein solcher Arbeitsplatz in der Klinik vorhanden ist.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Oktober 2007 – 8 AZR 593/06 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 6. März 2006 – 16 Sa 76/05 –

Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 77/07 vom 25.10.2007

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