OLG Frankfurt a. M. zur Beweislast nach § 476 BGB – Käufer muss Nachweis führen


Gewährleistungsrechte kann man innerhalb der gesetzlichen Gewährleistung nur dann geltend machen, wenn der Kaufgegenstand bereits zum Zeitpunkt der Übergabe einen Mangel aufgewiesen hat. Nach § 476 BGB greift für Verbraucher während der ersten sechs Monate seit dem Kauf die gesetzliche Vermutung, dass ein Mangel bereits zu diesem Zeitpunkt vorhanden war. Der Verkäufer hat nachzuweisen, dass der Mangel erst später, zum Beispiel mutwillig oder durch falsche Handhabung entstanden ist. Nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.07.2007, Az: 13 U 164/06) muss hingegen der Käufer beweisen, dass der Defekt auf einem gewährleistungspflichtigen Sachmangel und nicht auf einer Fehlbedienung oder unsachgemäße Handhabung beruht, auch wenn ein Defekt innerhalb von sechs Monaten nach Kauf auftritt.

In dem entschiedenen Fall hatte der Käufer einen Neuwagen erworben, bei dem bereits vier Monate nach dem Kauf ein Kupplungsschaden aufgetreten war. Nachdem im Verlauf der nächsten Monate der gleiche Kupplungsschaden noch zweimal aufgetreten war, erklärte der Käufer den Rücktritt vom Vertrag und verlangte erfolglos dessen Rückabwicklung.

Zwischen dem Autohändler und dem Käufer war streitig, ob ein technischer Defekt oder eine Fehlbedienung zum dreimaligen Austausch der Kupplung geführt hatte. Ein zu dieser Frage eingeholtes Sachverständigengutachten kam zu dem Ergebnis, der Kupplungsschaden sei durch eine fehlerhafte Bedienung (langes Schleifenlassen der Kupplung) eingetreten. Der Käufer vertrat jedoch die Auffassung, da der Schaden innerhalb von sechs Monaten seit Kauf des Fahrzeugs (erstmalig) aufgetreten sei, gelte die gesetzliche Vermutung (§ 476 BGB), dass der Schaden bereits bei Übergabe des Fahrzeuges vorhanden gewesen sei. Der Autohändler müsse daher beweisen, dass der Defekt nicht bei Übergabe des Fahrzeugs angelegt gewesen, sondern infolge einer Fehlbedienung entstanden sei.

Ein Käufer ist zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt, wenn die Kaufsache bei Übergabe mit einem Mangel behaftet ist, und zwei Nachbesserungsversuche fehlgeschlagen sind (§§ 437, 440 BGB). Dabei gilt im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs die Vermutung, dass die Sache bereits bei der Übergabe, dem sog. Gefahrübergang, mangelhaft war, wenn innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel auftritt (§ 476 BGB). Damit besteht jedoch nicht auch die Vermutung, dass jeder innerhalb von sechs Monaten auftretende Defekt ein gewährleistungsrechtlich relevanter Sachmangel ist. Kommen mehrere mögliche Schadensursachen in Betracht (entweder mangelhafte Sachbeschaffenheit oder Bedienungsfehler), so müsse der Käufer beweisen, dass der Defekt auf die Sachbeschaffenheit und nicht auf Bedienungsfehler zurückzuführen sei. Da das Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe keinen Kupplungsschaden aufwies, hätte der Kläger nachweisen müssen, dass der vier Monate später aufgetretene Kupplungsschaden bei Übergabe bereits in der Kaufsache angelegt war und das Fahrzeug von vornherein einen werksseitig zu vertretenden Grundmangel aufwies, der zu dem späteren Kupplungsschaden führte.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.07.2007, Az: 13 U 164/06 (Pressemitteilung als pdf)

Ebenfalls am 18.07.2007, Az: VIII ZR 259/06, hatte der Bundesgerichtshof zur Beweislastumkehr bei einem Verbrauchsgüterkauf nach § 476 BGB zu entscheiden, kam aber zu einem anderen Ergebnis:

Zeigt sich bei einem gebrauchten Kraftfahrzeug, das ein Verbraucher von einem Unternehmer gekauft hat, innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe an den Käufer ein Mangel (hier: defekte Zylinderkopfdichtung, gerissene Ventilstege) und können die dafür als ursächlich in Frage kommenden Umstände (Überhitzung des Motors infolge zu geringen Kühlmittelstands oder Überbeanspruchung) auf einen Fahr- oder Bedienungsfehler des Käufers zurückzuführen, ebenso gut aber auch bereits vor der Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer eingetreten sein, so begründet § 476 BGB die Vermutung, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war.

In dem vom BGH zugunsten des Käufers entschiedenen Fall konnte durch den Sachverständigen nicht geklärt werden, ob der Defekt der Zylinderkopfdichtung, die daraus folgende oder dafür ursächliche Überhitzung des Motors und das anschließende Reißen der Ventilstege, bereits vor der Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer eingetreten waren oder ob sie erst danach – durch einen Fahr- oder Bedienfehler – entstanden sind. Für diese Fallgestaltung begründet § 476 BGB gerade die in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass die zutage getretenen Mängel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen haben.

Diese Vermutung hat der Verkäufer zu widerlegen, nicht der Käufer wie vom OLG Frankfurt am Main angenommen. Letztlich hätte dies aber wohl zu keinem anderen Ergebnis geführt, da in dem Frankfurter Fall nach einem eingeholten Sachverständigengutachten alleinig das Fahrverhalten des Käufers ursächlich für den Kupplungsschaden gewesen sein soll.

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