Der Grundsatz, dass jeder für sein Verhalten verantwortlich gemacht werden kann, gilt auch im Arbeitsverhältnis. Ein Arbeitnehmer haftet daher für Schäden, die er seinem Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit zugefügt hat.
Nach § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB hat ein Schuldner grundsätzlich Vorsatz und jede Form von Fahrlässigkeit zu vertreten. Es sei denn, es ist eine mildere Haftung bestimmt oder aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses zu entnehmen. Die Haftung des Arbeitnehmers wird daher je nach Grad seines Verschuldens eingeschränkt. Andernfalls wäre ein Arbeitnehmer bei jeder Unachtsamkeit einem ernormen finanziellen Risiko ausgesetzt.
Bis 1994 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Haftungsbeschränkung an eine sog. „gefahrgeneigte Arbeit“ geknüpft. Diese Rechtsprechung wurde zugunsten der „betrieblich veranlassten Tätigkeit“ aufgegeben. Eine Haftungsbeschränkung gilt daher für alle Tätigkeiten, die dem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich übertragen worden sind oder die er im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausführt. Die Grundsätze über die Beschränkung der Haftung des Arbeitnehmers bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten sind einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht. Von ihnen kann weder einzel- noch kollektivvertraglich zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen werden.
Differenzierung nach dem Grad des Verschuldens
Vorsatz:
Hat der Arbeitnehmer den Schaden vorsätzlich herbeigeführt (z.B. willkürliche Beschädigung einer Maschine), so muss er den Schaden des Arbeitgebers voll ersetzen. Eine Haftungsbeschränkung ist dann nicht gerechtfertigt.
Grobe Fahrlässigkeit:
Hat der Arbeitnehmer den Schaden grob fahrlässig verursacht, haftet er in aller Regel für den gesamten Schaden. Grob fahrlässig handelt ein Arbeitnehmer, wenn er die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in schlechthin unentschuldbarem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was in der konkreten Situation jedem hätte einleuchten müssen. Eine Haftungseinschränkung ist möglich, wenn zwischen Arbeitsvergütung und Schaden ein deutliches Missverhältnis besteht, der volle Schadenausgleich also unbillig wäre. In der Regel liegt die Schadenobergrenze bei drei Bruttomonatsgehältern.
Mittlere Fahrlässigkeit:
Bei mittlerer Fahrlässigkeit richtet sich die Schadenverteilung nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten. Kriterien sind die Art der Tätigkeit, die Schadenshöhe, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes und durch Versicherung abzudeckendes Risiko, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb, die Höhe seines Arbeitsentgelts und u. U. die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten.
Auch den Arbeitgeber treffen Obliegenheiten. Unterlässt der Arbeitgeber so z.B. den Abschluss einer entsprechenden Kaskoversicherung, um das Risiko eines Schadens zu begrenzen, haftet der Arbeitnehmer nur bis zur Höhe einer fiktiven, zumutbaren Selbstbeteiligung. Das Schadensrisiko ist Teil des Betriebsrisikos des Arbeitgebers, ein eventuelles Organisationsverschulden muss er sich daher anrechnen lassen.
Leichte Fahrlässigkeit:
Die leichte Fahrlässigkeit ist ein unerhebliches, zu vernachlässigendes Verschulden. Bei einer leicht fahrlässigen Pflichtverletzung des Arbeitnehmers kann unter Berücksichtigung aller Einzelumstände, bei völlig geringfügigen und leicht entschuldbaren Pflichtwidrigkeiten, eine Arbeitnehmerhaftung ausgeschlossen sein.
Schäden bei Betriebsfremden und Arbeitskollegen
Hat der Arbeitnehmer im Rahmen einer betrieblich veranlassten Tätigkeit einer dritten Person einen Schaden zugefügt, so haftet er zwar diesem gegenüber auf den vollen Schaden. Er hat jedoch gegen den Arbeitgeber einen sog. Freistellungsanspruch, soweit er nach den genannten Grundsätzen nicht oder nicht in vollem Umfang haftet. Das heißt, er kann vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser den Schaden in Höhe seiner Haftungsquote gegenüber dem Dritten begleicht.
Führt das Verhalten eines Arbeitnehmers zur Schädigung eines Arbeitskollegen, haftet der Arbeitnehmer bei Sachschäden voll. Er hat jedoch gegen den Arbeitgeber einen Freistellungsanspruch in Höhe seiner Haftungsquote. Bei Personenschäden richtet sich die Haftung nach § 105 Abs.1 SGB VII.
Beweislastumkehr
Nach § 619a BGB hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Schadenersatz nur zu leisten, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Daher muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass der Arbeitnehmer den Schaden verschuldet hat (Beweislastumkehr).