AG Kehl – keine Umdeutung eines „Widerspruchs“ gegen ein Verwarngeldangebot in einen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid


Da er seinen Pkw auf einem Behindertenparkplatz abgestellt hatte, erhielt ein Autofahrer ein Verwarngeldangebot in Höhe von 35,00 Euro. Hiergegen legte der Autofahrer „Widerspruch“ ein. Daraufhin erließ die Bußgeldstelle einen Bußgeldbescheid über die 35,00 Euro zuzüglich Verfahrens- und Zustellkosten, wogegen der Autofahrer erneut „Widerspruch“ einlegte. Allerdings nicht innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung des Bußgeldbescheides und damit verspätet, woraufhin die Bußgeldstelle den Autofahrer hinwies.

Der Autofahrer meinte, er habe doch bereits dem Verwarngeldangebot widersprochen, stellte vorsorglich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, den die Bußgeldstelle aber als unbegründet zurückwies. Der Widerspruch des Autofahrers gegen diesen Bescheid wurde als Antrag auf gerichtliche Entscheidung umgedeutet, vom AG Kehl aber als unbegründet zurückgewiesen.

Aus den Gründen:

Der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid kann bereits ab dessen Erlass eingelegt werden, auch wenn der Bußgeldbescheid noch nicht zugestellt wurde. Selbst die Kenntnis vom Erlass des Bußgeldbescheides ist nicht erforderlich (Karlsruher Kommentar zum OWiG, 3. Auflage, § 67, Rn. 52 m.w.N.). Diese Voraussetzungen wären hier erfüllt: Das (erste) Schreiben des Betroffenen (…) ging am selben Tag bei der Verwaltungsbehörde ein, an dem der Bußgeldbescheid erlassen wurde. Mangels Angaben über die genaue Uhrzeit des Eingangs des Schreibens und des Erlass des Bußgeldbescheides ist zugunsten des Betroffenen anzunehmen, dass sein Schreiben die Verwaltungsbehörde zwar am selben Tag, aber zu einer späteren Stunde erreichte.

Allerdings muss sich aus der Erklärung des Betroffenen zweifelsfrei ergeben, dass er den Bußgeldbescheid anfechten will. Dabei genügt es nicht, dass in der Erklärung der Wille, sich generell gegen den Vorwurf verteidigen zu wollen, ohne weiteres erkennbar ist. Vielmehr muss ein Bezug zum Bußgeldbescheid hergestellt werden können und dieser Bezug vom Betroffenen auch gewollt sein. Dies hat gegebenenfalls durch Auslegung der Erklärung unter Berücksichtigung der Verfahrensgeschichte zu geschehen. Steht im Ergebnis fest, dass ein solcher Bezug zum Bußgeldbescheid nicht vorliegt, handelt es sich nicht um einen Einspruch. So ist es hier: Das (erste) Schreiben des Betroffenen (…) bezieht sich nämlich ausdrücklich auf das (Verwarngeldangebot). Dabei ist auszuschließen, dass der Betroffene dieses Schreiben bereits als Bußgeldbescheid aufgefasst haben könnte. Auch wenn die Verwaltungsbehörde in diesem Schreiben bereits in Aussicht stellt, dass bei Nichtzahlung des Verwarngeldes ein Bußgeldbescheid erlassen werden müsste, gegen den dann die Möglichkeit des Einspruchs besteht, so ist die Formulierung eindeutig. Der Betroffene konnte nicht davon ausgehen, dass bereits ein Bußgeldbescheid erlassen wurde.

Hinreichende Gründe, wegen derer der Betroffene an der rechtzeitigen Einlegung des Einspruchs entschuldbar gehindert war, hat er nicht vorgetragen. Er führt zwar aus, dass er aufgrund der Annahme, er habe bereits mit dem (ersten) Schreiben (…) in zulässiger Weise Einspruch eingelegt, nicht erneut Einspruch eingelegt und ihn erst ein Bekannter auf die Fristen hingewiesen habe. Er erklärte jedoch trotz ausdrücklicher Aufforderung der Verwaltungsbehörde nicht, warum sein Einspruchsschreiben, (verspätet) bei der Verwaltungsbehörde einging. Insbesondere behauptet er nicht, das Schreiben rechtzeitig per Post versandt oder in den Hausbriefkasten der Verwaltungsbehörde eingeworfen zu haben. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist war daher von der Verwaltungsbehörde abzulehnen und in der Folge der Einspruch als unzulässig zu verwerfen.

AG Kehl, Beschluss vom 07.05.2008, Az: 6 OWi 1/08

Praxishinweis:

Geringfügige Ordnungswidrigkeiten werden nach § 56 Abs. 1 OWiG mit einer Verwarnung geahndet, entweder ohne, zumeist aber mit einem Verwarnungsgeld zwischen 5 und 35 Euro. Eine Verwarnung wird nach § 56 Absatz 2 OWiG nur wirksam, wenn der Betroffene damit einverstanden ist und das Verwarnungsgeld bezahlt. Das Verfahren ist damit beendet. Verfahrenskosten und Auslagen entstehen dann nicht. Bezahlt der Betroffene nicht bzw. erklärt, dass er mit der Verwarnung nicht einverstanden ist, wird ein Bußgeldbescheid erlassen. Zu dem Verwarngeld kommen dann die Verfahrens- und Zustellkosten hinzu.
Erst gegen diesen Bußgeldbescheid steht einem Betroffenen das Rechtsmittel des Einspruchs zu. Der Einspruch muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung eingelegt werden, andernfalls ist der Einspruch verspätet und der Bußgeldbescheid rechtskräftig. Sowohl Verwarnungen, als auch Bußgeldentscheidungen bis 35 Euro werden nicht in das Verkehrszentralregister eingetragen.

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