LG Hamburg – Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten einer Fachwerkstatt


Rechnet der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall seinen Fahrzeugschaden fiktiv, d.h. auf Basis eines Gutachtens ab und lässt eine Reparatur tatsächlich nicht durchführen, z.B. weil er das Geld anderweitig einsetzen möchte, kürzen die Versicherungen gern die Stundenverrechnungssätze und verweisen auf angeblich günstigere Werkstätten. Die Rechtsprechung zur Frage, ob der Geschädigte sich auf eine günstigere Werkstatt verweisen lassen muss, ist uneinheitlich.
Zum einen wird angenommen, dass sich der Geschädigte auf eine konkrete und günstigere Möglichkeit einer technisch einwandfreien Reparatur verweisen lassen muss. Andere Gerichte sind der Ansicht, dass der Geschädigte auch bei einer fiktiven Abrechnung die Stundenverrechnungssätze einer Markenwerkstatt zu Grunde legen darf.

Das Landgericht Hamburg vertritt in seiner Entscheidung vom 10. August 2007 die Auffassung, dass der Geschädigte berechtigt ist, die Reparaturkosten einer Markenwerkstatt ersetzt zu verlangen und wies die Berufung der beklagten Haftpflichtversicherung des Schädigers zurück. Der Geschädigte muss zwar bei mehreren Möglichkeiten der Schadenwiedergutmachung den günstigen wählen, dies aber nur, wenn er auch dann vollen Ersatz bekommt. Die Frage der Gleichwertigkeit einer Reparatur stellt sich, wenn anstelle einer Markenwerkstatt von der Versicherung eine günstigere Vertragswerkstatt benannt wird, ohne Angaben zu machen, ob diese Werkstatt überhaupt Erfahrung mit der Fahrzeugmarke des Geschädigten hat. Der Geschädigte darf grundsätzlich misstrauisch sein, wenn die Haftpflichtversicherung des Schädigers behauptet, eine solche Werkstatt sei gleichwertig. Die Befürchtung lieht nahe, dass die Haftpflichtversicherung dies im eigenen Interesse behauptet. Aus dem selben Grund braucht der Geschädigte sich auch nicht darauf einlassen, dass die gegnerische Versicherung das Schadensgutachten durch einen von ihr beauftragten Sachverständigen erstellen lässt.

LG Hamburg, Urteil vom 10.08.2007, AZ: 331 S 51/07 – Volltext als PDF-Datei (160 KB) auf www.verkehrsanwaelte.de

Praxisrelevanz:

Bei der Entscheidung ist zu beachten, dass die Versicherung den Geschädigten auf keine Markenwerkstatt verwies. Bei der von der Versicherung benannten Werkstatt handelte es sich um eine Vertragswerkstatt einer Fremdmarke. Die Entscheidung des Gerichts ist in konsequenter Anwendung der Entscheidung des BGH im sog. „Porsche-Urteil“ (BGH, Urteil vom 29. 4. 2003, AZ: VI ZR 398/02 – in NJW 2003, 2086) richtig. Hätte die Versicherung dem Geschädigten eine günstigere, ohne weiteres erreichbare Werkstatt seiner Fahrzeugmarke benannt, hätte sich der Geschädigte sich auf diese verweisen lassen müssen.

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