Am Amtsgericht Herford wurde ein Autofahrer freigesprochen, der laut Messung der Polizei in einer Tempo-30-Zone 21 km/h zu schnell gefahren sein soll. Ein solcher Verstoß kostet 50 Euro Bußgeld und führt zur Eintragung von einem Punkt in Flensburg. Der Autofahrer wehrte sich und behauptete, nicht sein Auto, sondern ein anderes sei gemessen worden. Die Geschwindigkeit war in diesem Fall mit einer Laser-Pistole gemessen worden, diese mache aber keine Fotos.
Vor Gericht reicht es zur Bestätigung des Vorwurfs und damit des Bußgeldes in der Regel aus, wenn die Beamten auf ihr Messprotokoll verweisen, wonach natürlich alle Tests nach Herstellervorgaben durchgeführt worden sind und einem bestimmten Fahrzeug eine bestimmte Geschwindigkeit zugeordnet wurde. Verwechslungen und Fehlbedienungen seien generell auszuschließen, schließlich seien die Beamten geschult worden. In der Realität sind nach Einschätzung von Gutachtern allerdings rund 20 Prozent der Messungen fehlerbehaftet und müssten korrigiert werden. Meist seien die Bedienungsanleitungen nicht exakt eingehalten worden.
Dem Richter Helmut Knöner am Amtsgericht Herford reichte die Aussage der Messbeamten, die Messung sei korrekt verlaufen, nicht. Es sei, nachdem ein Gutachten bestätigt hatte, dass dies grundsätzlich möglich sei, nicht auszuschließen, dass die Polizisten einen leicht versetzt hinter dem Autofahrer fahrenden Wagen angepeilt und so Messergebnisse für ein anderes Fahrzeug erhalten hätten. Je weiter entfernt sich das anvisierte Objekt befindet, desto größer fächert der Messbereich des Laserstrahls. Mangels Foto des gemessenen Fahrzeuges könne auch nicht bewiesen werden, dass genau das Fahrzeug des Autofahrers anvisiert wurde.
Geräte mit Fotofunktion gibt es. Die Physikalisch Technische Bundesanstalt in Braunschweig (PTB) hat Lasermessgeräte zugelassen, die mit Kameras gekoppelt sind. Doch sie sind teuer. Bei bis zu 20.000 Euro, setzt die Polizei dann doch auf die einfachen Laser-Pistolen mit Kosten von nur ca. 6.000 Euro. Bei diesem Preis können mehr Geräte beschafft und so auch mehr Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt werden.
Setzt sich die Argumentation des Herforder Amtsrichters durch, könnte es sich allerdings schnell um eine Milchmädchenrechnung handeln. Auch wenn die Geräte mit Fotofunktion teurer sind, würden sich diese bei gerichtsfesten Messungen, schneller amortisieren. Wenn die Messungen mit einfachen Geräten ohne Foto von den Gerichten nicht mehr anerkannt würden, läuft dies auch der so gern angeführten „Verkehrssicherheit“ zuwider. Wer keine Sanktion fürchten muss, hält sich auch an keine Geschwindigkeitsbeschränkung.
Richter Helmut Knöner stellt klar, dass er grundsätzlich nicht an der korrekten Arbeit der Polizei zweifle. Jeder Betroffene habe aber ein Recht auf nachvollziehbare Beweise. Von 1.200 Bußgeldverfahren, die pro Jahr am Amtsgericht Herford verhandelt würden, seien 300 Fälle von Lasermessungen. Hiervon seien nur 75 tatsächlich strittig. Diese Fälle kosteten dann nicht nur die Zeit, sondern auch viel Geld. Allein ein Gutachten koste pro Verfahren bis 1.500 Euro. „All das wäre nicht nötig, wenn das Beweissicherungsverfahren genau so sicher wäre, wie etwa der Videobeweis beim Hinterherfahren auf der Autobahn”
Als Freibrief sollte man das Urteil aus Herford allerdings nicht ansehen. Es ist und bleibt eine, wenn auch bemerkenswerte, Einzelfallentscheidung, die von Richterkollegen nicht unbedingt begrüßt wird.
AG Herford, Urteil vom 12.09.2008, Az: 11 OWI-53 JS 2782/07-980/07, veröffentlicht in DAR 2009, 97
Quellen:
Stern-TV vom 22.10.2008: „Weg mit den Laser-Pistolen!“
RP-Online vom 23.09.2008