AG Hamm – Umsonst bleibt umsonst/versteckte Kosten bei Vertragsfallen


Vertragsfallen im Internet, ein scheinbar endloses Thema, zu dem wir bereits wiederholt berichteten. Auf verschiedenen Internetseiten werden anscheinend kostenlose „Dienstleistungen“ angeboten. Allerdings muss der Besucher der Seite in einem Anmeldeformular seine Daten eingeben. Dass der „Service“ letztlich doch nicht kostenlos und man mit der Eingabe seiner Daten ein Abo abgeschlossen hat, findet sich im sog. „Kleingedruckten“ ganz am Ende der Seiten, in unscheinbar gestalteten Fußnoten.
Wer hierauf herein fällt, wird anschließend mit Rechnungen, Mahnungen und Drohungen bombardiert, in der Hoffnung, dass der Besucher eingeschüchtert ist und zahlt. Scheinbar mit Erfolg, den vor Gericht ziehen die Anbieter nur selten. Dort holen sie sich regelmäßig eine Abfuhr, so z.B. beim Amtsgericht München.

Nun entschied auch das Amtsgericht Hamm gegen einen Anbieter. Es ging um die Seiten smsfree24.de, bzw. smsfree100.de, beide betrieben von einem Unternehmen namens Micro SD 256 Ltd. mit Sitz in London, die den Eindruck erweckten, man könne 100 SMS gratis versenden. Unterhalb der Eingabemaske für die Nutzerdaten fand sich im „Kleingedruckten“ dann der Hinweis, dass die Nutzung bei einer Laufzeit von 24 Monaten kostenpflichtig ist. Die Abrechung erfolgt vollständig für ein Jahr im Voraus. Der „Service“ sollte stolze 96 Euro kosten. Die Shiftworx GmbH, die die Rechnungen versandte, versuchte den Betrag einzuklagen. Ohne Erfolg.

Aus den Gründen:

(…) Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 96,00 € nicht zu. (…) Die Klägerin hat trotz gerichtlicher Aufforderung (…) die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, aus denen sich die Entgeltlichkeit und die Höhe des Entgeltes der Leistung (…) ergeben soll, nicht vorgelegt. Insoweit ist sie ihrer Pflicht, die anspruchsbegründeten Umstände darzulegen und unter Beweis zu stellen, nicht nachgekommen.

Jedoch selbst für den Fall, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen entsprechende Regelung der Entgeltlichkeit enthalten sollten, wäre diese Klausel gem. § 305c Abs. 1 BGB als überraschende Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden.

Wie sich aus dem von der Beklagten übermittelten Ausdruck der Internetseite (…) ergibt, wird der Besucher der Internetseite in den Glauben versetzt, (der Anbieter) bietet den kostenlosen Versand von SMS an. Dieser Eindruck wird durch die zahlreiche Verwendung der Begriffe „free“, „gratis“ und „umsonst“ erweckt. Aus diesem Grunde braucht der Verwender nicht damit zu rechnen, dass in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nun entgegen des Eindruckes der Unentgeltlichkeit der Leistungen (…) die Entgeltlichkeit der Leistungen festgelegt wird. Nur bei einem deutlichen Hinweis auf die Entgeltlichkeit der Leistungen auf der Internetseite wäre eine entsprechende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht überraschend. Da hier jedoch eindeutig der Eindruck der Unentgeltlichkeit erweckt wird, wäre eine entsprechende Klausel überraschend i.S.d. § 305c BGB.

Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt auch nicht die Vereinbarung der Vergütung aus dem Unstand, dass die Leistungen der Zedentin naturgemäß nur kostenpflichtig angeboten werden würden. Gem. § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistungen den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind. Wie bereits dargestellt, wird durch die Gestaltung der Internetseite der Eindruck erweckt, die Leistungen (…) seien unentgeltlich. Daher liegen keine Umstände vor, aus denen sich eine Entgeltlichkeit ergibt. Vielmehr liegen durch die verwendeten Begriffe Umstände vor, aus denen sich gerade ergibt, dass die Leistungen unentgeltlich erfolgen sollen. Insoweit ist für die Annahme einer stillschweigenden Vergütungsvereinbarung kein Raum.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass (…) erbrachten Dienstleistungen stets nur gegen eine Vergütung erbracht werden. Zum einen ist dies aufgrund des bereits beschriebenen Eindruckes, die die Internetseite erweckt, unerheblich. Zum anderen ist es gerichtsbekannt, dass andere Anbieter derartige Leistungen unentgeltlich erbringen, so dass ein Internetnutzer nicht stets mit der Entgeltlichkeit solcher Leistungen rechnen muss.

Da insoweit keine Vergütung (…) vereinbart wurde, kann es dahinstehen, ob der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag überhaupt wirksam ist. Insoweit braucht nicht auf rechtshindernde oder rechtsverbindliche Einwendungen der Beklagten eingegangen werden. (…)

Amtsgericht Hamm, Urteil vom 26.03.2008, Az: 17 C 62/08 – Volltext unter www.justiz.nrw.de oder MIR 2008, Dok. 156

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