Man kann über das „Blitzurteil“ gegen den thüringischen Ministerpräsidenten Althaus nach dessen Skiunfall mit leider tödlichem Ausgang für die beteiligte Skifahrerin sicher geteilter Meinung sein. Allerdings ist die Schnelligkeit, mit der in Österreich verfahren wurde schon beeindruckend. Rund 2 Monate nach der Tat erfolgte bereits die Anklageerhebung wegen fahrlässiger Tötung, einen Tag später wurde bereits das Urteil gesprochen. Davon ist die deutsche Strafjustiz auch bei einfach gelagerten Fällen weit entfernt. So auch in einem Verkehrsstrafverfahren gegen einen unser Mandanten.
Akteneinsicht wurde recht schnell gewährt. Das Verfahren wurde wgen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung gem. § 315c StGB geführt. Wir wiesen daraufhin, dass aus dem Grad der Alkoholisierung nicht ohne weiteres auf Vorsatz geschlossen werden kann, führten hierfür noch ein paar Argumente ins Feld, warum unser Mandant davon ausgehen konnte, noch fahrtauglich zu sein und regten an, zeitnah einen Strafbefehl zu erlassen. Der Strafbefehl kam aber nicht. Stattdessen kündigte die Staatsanwaltschaft Potsdam – Zweigstelle Luckenwalde an, ein sogenanntes beschleunigtes Verfahren durchzuführen zu wollen.
Das beschleunigte Verfahren nach §§ 417 bis 420 StPO führt in der Anwendung eher ein Schattendasein und wird in Berlin z.B. nach den Krawallen am 1. Mai ganz gern mal angewandt. Das Verfahren dient dazu, Sachverhalte mit einer einfachen Beweislage schnell und effektiv zu verhandeln. Die Strafe soll dabei gewissermaßen „auf dem Fuße“ folgen. Das ist gut und schön, nur war von der Beschleunigung nichts zu spüren. Den Antrag auf Durchführung des beschleunigten Verfahrens, nun wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung (unserer Argumentation war also gefolgt worden) stellte die Staatsanwaltschaft Luckenwalde erst Ende Dezember 2008. Wegen Terminschwierigkeiten konnte die Hauptverhandlung vor dem AG Königs Wusterhausen dann erst im Februar 2009 durchgeführt werden.
Wenn die Staatsanwaltschaft ein richtiges Verfahren haben will, soll sie eins bekommen, dachten wir uns und legten zunächst einmal gegen die Verwertung des BAK-Gutachtens in der Hauptverhandlung Widerspruch ein, da die Blutentnahme durch die Polizei und nicht wie gesetzlich vorgeschrieben, durch einen Richter erfolgt war. Dann meldeten wir noch Zweifel an der tatsächlichen Schadenshöhe an, den die Straßenmeisterei bezüglich des Verkehrsschildes mit 1.000,00 Euro angegeben hatte. Zusammen mit dem Schaden am Baum von 800,00 Euro, wären damit Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet worden. Da das Verkehrsschild anscheinend magische Anziehungskraft auch auf andere Autos ausübte, war in anderer Sache der Schaden am gleichen Schild mit nur knapp 140,00 Euro angegeben worden, was mit der Schätzung in unserem Verfahren nun nicht wirklich in Einklang zu bringen war.
Schlussendlich erfolgte daher eine Verurteilung „nur“ wegen einer fahrlässigen Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu jeweils 30,00 Euro, die Fahrerlaubnis wurde entzogen und eine Sperrfrist von noch 6 Monaten ausgesprochen, was durchaus angemessen ist. Letztendlich hat das „beschleunigte Verfahren“ etwas über 6 Monate gedauert, für unseren Mandanten hat es sich aber zumindest ein wenig gelohnt. Am Schluss der Sitzung folgte noch ein sehr interessantes Gespräch mit der Richterin zum Thema Richtervorbehalt bei Anordnung der Blutentnahme und ein mögliches Beweisverwertungsverbot, das sie zwar ablehnt, dies aber wenigstens nachvollziehbar begründen konnte. Auch wenn die Justiz in Brandenburg ein wenig langsam ist, so macht doch dort die Verteidigung in Strafsachen Freude.