Nachdem das Amtsgericht Mannheim ein Bußgeldverfahren mangels Überprüfbarkeit der Messung mittels eines Poliscan Speed eingestellt hatte, wurden zunächst alle weiteren Verfahren ausgesetzt, bis Gutachten zu den Geräten vorliegen. Die geäußerten Zweifel an der Zuverlässigkeit der Technik der neuen „Vitronic-PoliScan-Speed“-Geräte, auch „Blitzersäule“ genannt, sind aus Sicht der Stadt Mannheim nun beseitigt, nachdem ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten der DEKRA vorliege.
Wie die Stadt Mannheim berichtet, ergeben sich nach sachverständiger Auffassung keine Hinweise auf unkorrekte Messergebnisse, woraus sich in der Folge eine einwandfreie Funktion der gegenständlichen Geschwindigkeitsmessanlagen ableiten lasse. Zu diesem Ergebnis seien die Gutachter der DEKRA gekommen, die im Auftrag der Stadt die technische Zuverlässigkeit und Korrektheit der Messergebnisse an den vier Standorten Südtangente, Wilhelm-Varnholt-Allee, Jungbuschbrücke Richtung Neckarstadt und Freherstraße Richtung Dalbergstraße zu beurteilen hatten. Gleichzeitig habe die Physikalisch-Technische Bundesanstalt Braunschweig (PTB), zuständig für die amtliche Zulassung der Messtechnik PoliScan Speed, gegenüber der Stadt Mannheim die korrekte Funktion des Geräts bei der Messwertbildung und der Zuordnung des Messwerts zum Fahrzeug bestätigt.
Das Gutachten ging am 9. März 2009 beim Fachbereich Sicherheit und Ordnung der Stadt Mannheim ein. Die Sachverständigen sahen bei den vier Aufstellorten „keinen Grund zur Beanstandung“ und bestätigten die „Korrektheit der Messergebnisse“ im Sinne eines standardisierten Messverfahrens, wie es auch bei Radar- und Lasermessanlagen zum Tragen komme.
Die zu Detailfragen von der Stadt Mannheim ebenfalls um Stellungnahme gebetene PTB, welche die Anlagen amtlich zugelassen hatte, antwortete mit Schreiben vom 20. März 2009. Die Experten der PTB verfügen über detaillierte Kenntnisse der Funktionsweise der Anlagen, die aus Gründen des Schutzes des Hersteller-Know-Hows üblicherweise auch nicht an Sachverständige weiter gegeben werden, die jedoch im Rahmen des Zulassungsverfahrens vom Hersteller offenzulegen sind. Die PTB berichtete nun über ihre Analyse-Ergebnisse sowohl bei den Untersuchungen im Rahmen des Zulassungsverfahrens im Jahr 2006 als auch nach Bekanntwerden der Auffälligkeiten, wie sie jüngst von Sachverständigen thematisiert wurden. „Bei unserer Analyse ließen sich alle Auffälligkeiten klären“, kommen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass „für uns zu keiner Zeit Zweifel an der korrekten Funktion des Gerätes und einer zuverlässigen Anwendbarkeit der in der Gebrauchsanweisung vorgeschriebenen Vorgehensweise zur Zuordnung der Messwerte zu abgebildeten Fahrzeugen“ bestanden.
Der Fachbereich Sicherheit und Ordnung hat das Dekra-Gutachten und die Ausführungen der PTB intensiv ausgewertet und auch dem Amtsgericht und der Staatsanwaltschaft Mannheim zur Verfügung gestellt.
„Jetzt haben wir die erhoffte wissenschaftlich-technische Bestätigung und beginnen mit der Aufarbeitung der Fälle“, sieht Klaus Eberle, Leiter des Fachbereichs Sicherheit und Ordnung, das Dekra-Gutachten und das PTB-Schreiben als gute Grundlage für das weitere städtische Handeln. Der Behördenchef hatte ab dem 21. Januar 2009 die Beweisfotos der vier stationären PoliScan-Speed-Anlagen bis zur Klärung der Zweifel zurückgehalten und keine Verfahren gegen die Temposünder eingeleitet. „Unser Ziel ist es, mit dem Einsatz dieser Anlagen die Verkehrssicherheit zu verbessern, was die zurückgehenden Unfallzahlen eindrucksvoll belegen“ ruft Eberle die Wirksamkeit gerade der Anlage an der Südtangente in Erinnerung. An diesem Standort sind die Unfallzahlen von 30 Unfällen in 2007 auf keinen einzigen in 2008 zurückgegangen. „Wir wollten auf keinen Fall Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer verunsichern durch den Einsatz einer Überwachungstechnik, deren korrekte Funktionsweise von Gutachtern nicht nachvollzogen werden konnte. Deswegen war es selbstverständlich, bis zur Klärung der aufgeworfenen Fragen die Bilder der Anlagen zunächst nicht auszuwerten“ erläutert der Fachbereichsleiter die Haltung der Stadt Mannheim. Bis zum 20. März 2009 sind 18.529 Fälle aufgelaufen, die Eberles Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab sofort wieder bearbeiten.
Hintergrundinformationen:
Die digitale Geschwindigkeitsmessung mit der Technik „PoliScan Speed F 1“ basiert auf einer Laserpulslaufzeitmessung; auch Bildaufnahme und Bildauswertung erfolgen digital. Diese Messtechnik erhielt am 15. Mai 2007 ihre vorgeschriebene amtliche Zulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt Braunschweig und Berlin (PTB).
Das Amtsgericht Mannheim hatte am 21. Januar 2009 ein Verfahren wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes an der Südtangente eingestellt, weil es die Geschwindigkeitsmessung der stationären Anlage auf Grundlage eines gerichtlich beauftragten Gutachtens nicht ausreichend zuverlässig nachprüfen konnte. Die Stadt nahm diesen Einstellungsbeschluss zum Anlass, selbst ein Gutachten bei einer neutralen Institution in Auftrag zu geben und die PTB als amtliche Zulassungsbehörde um Aufklärung zu bitten.
Die Technik „PoliScan Speed F 1“ ist in Mannheim an vier Standorten fest installiert. Ihre innovative Wirkung besteht darin, dass sie Verkehrssicherheit auf einer Strecke gewährleistet, da die Lasertechnik den Verkehr auf einer Länge bis 75 m erfasst, während die analogen Anlagen eine punktuelle Erfassung vornehmen. Daraus ergibt sich eine nachhaltige dämpfende Wirkung auf den Verkehrsfluss; keine Kontaktschleifen im Straßenbelag benötigt werden, die gewartet, repariert und auch regelmäßig geeicht werden müssten, und weil sie Medienbrüche vermeidet, da von der Bildaufnahme bis zur Verfahrenseinleitung volldigitalisiert gearbeitet werden kann.
Die Stadt hat am 8. Februar 2008 an der Südtangente, Höhe Konrad-Adenauer-Brücke in stadtauswärtiger Richtung die erste derartige Anlage im Stadtgebiet in Betrieb genommen, um den bis dahin größten verbliebenen Unfallschwerpunkt in Mannheim zu entschärfen. Dieses Ziel wurde erreicht. Im Jahr 2008 hat die Polizei keinen einzigen Geschwindigkeitsunfall mehr im Wirkungsbereich der Anlage registriert. Die Anlage wurde zuletzt am 24. Oktober 2008 amtlich geeicht. Der Eichschein ist gültig bis Ende 2009. Die Investitionskosten betrugen rund 80.000 Euro.
Der Gemeinderat hat für die Umrüstung weiterer stationärer Anlagen zur Geschwindigkeitsüberwachung im Stadtgebiet 250.000 Euro in 2008 und 330.000 Euro in 2009 im Haushalt zur Verfügung gestellt. Die Stadt hat die vorhandenen Anlagen an Wilhelm-Varnholt-Allee und auf der Jungbuschbrücke auf PoliScan Speed umgerüstet. Die Standorte wurden teilweise leicht verändert, um aktuelle Erkenntnisse zur Verkehrssicherheit zu berücksichtigen. Die drei neuen Anlagen wurden am 19. Januar 2009 in Betrieb genommen. Auch hier liegen gültige Eichscheine bis Ende 2009 vor.
Quellen:
Pressemitteilung vom 25. März 2009
morgenweb.de vom 26.03.2009
Ebenfalls bei morgenweb.de findet sich eine Fotostrecke zum Messgerät
Hinweis gefunden bei RA Dosch – kLawtext