Von einem der zwei im Privathaushalt einer Anschlussinhaberin befindlichen Computer der 11- und 15-jährigen Söhne wurden 125 Audiodateien in einer Tauschbörse verfügbar gemacht. Der Anschluss war auf die Firma der Anschlussinhaberin angemeldet, ihr Büro führte sie in ihrem Privathaushalt. Nach Abmahnung durch die Rechteinhaber gab die Anschlussinhaberin für ihre Firma eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, die Abgabe auch einer persönlichen Erklärung wurde seitens der Anschlussinhaberin abgelehnt, gegen eine einstweilige Verfügung legte sie Widerspruch ein.
Die Anschlussinhaberin meint, sie selbst sei gar nicht in der Lage, im Internet zu agieren. Sie ist der Ansicht, dass sie nicht als Störerin hafte, weil sie weder Anschlussinhaberin noch Eigentümerin der Computer sei; diese gehörten ihren Söhnen. Der Internetanschluss laute auf ihre Firma, für diese habe sie auch eine strafbewehrten Unterlassungserklärung abgegeben, dies müsse reichen.
Das Landgericht Köln war anderer Auffassung, bestätigte die einstweilige Verfügung und gab darüber hinaus Ratschläge, wie Eltern es verhindern können, dass ihre Kinder Musik im Internet tauschen:
Aus den Gründen:
Das Überlassen eines Internetzugangs an Dritte, insbesondere an minderjährige Jugendliche, birgt danach die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit, dass von diesen derartige Rechtsverletzungen begangen werden. Dieses Risiko löst Prüf- und Handlungspflichten desjenigen aus, der den Internetzugang ermöglicht, um der Möglichkeit solcher Rechtsverletzungen vorzubeugen. Diesen ist die Verfügungsbeklagte nach eigenem Vortrag überhaupt nicht nachgekommen. Insoweit hätte es der Verfügungsbeklagten nicht nur oblegen, ihren Kindern ausdrücklich zu untersagen, Musik mittels Filesharing-Software aus dem Internet herunterzuladen, sondern weiterhin, wirksame Maßnahmen zur Verhinderung der Rechtsverletzungen zu ergreifen. Hierzu war sie als alleinige Geschäftsführerin der Firma X & T GmbH und Sorgeberechtigte ihrer Söhne auch unzweifelhaft in der Lage. So hätte sie für ihre Söhne eigene Benutzerkonten einrichten können und müssen. Hinsichtlich dieser Nutzerkonten hätte sie individuelle Nutzungsbefugnisse festlegen und dadurch etwa ein Herunterladen der Filesharing-Software verhindern können. Des Weiteren wäre auch die Einrichtung einer sog. „firewall“ möglich und zumutbar gewesen, durch die die Nutzung einer Filesharing-Software verhindert werden kann (…). Dies alles hat die Verfügungsbeklagte nicht getan. Sie hat vielmehr den in ihrem Privathaushalt genutzten und in ihrer Verfügungsgewalt stehenden Internetanschluss, der lediglich aus steuerlichen und bilanziellen Gründen mit Rücksicht auf das in ihrem Privathaushalt unterhaltene Büro auf die Firma X & T GmbH angemeldet war, ihren im Privathaushalt lebenden minderjährigen Söhnen zur Verfügung gestellt und diesen über den Internetanschluss einen ungehinderten und ungeschützten Zugang zum Internet zur Verfügung gestellt und sich im übrigen darauf zurückgezogen, sie sei aufgrund ihrer persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage, im Internet zu agieren. Dies entlastet die Verfügungsbeklagte indes nicht. Sofern sie selbst nicht in der Lage gewesen sein sollte, die vorgenannten Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, hätte sie sich insoweit fachkundiger Hilfe bedienen müssen. Dies wäre auch mit zumutbarem finanziellen Aufwand verbunden gewesen (…).
Soweit sich die Verfügungsbeklagte weiterhin darauf zurückzieht, vertragsrechtlich sei sie nicht als Anschlussinhaberin zu qualifizieren, rechtfertigt auch dies keine andere Bewertung. Entgegen der beklagtenseits vertretenen Auffassung bewegt sich die Störerhaftung für Urheberrechtsverletzungen nicht im vertragsrechtlichen Bereich, so dass vertragsrechtliche Aspekte für die Beurteilung der Störerhaftung nicht entscheidend sind. Vielmehr stellen Urheberrechtsverletzungen im Kern deliktische Ansprüche dar, bei der der tatsächlichen und rechtlichen Einflussmöglichkeit des als Störer in Anspruch Genommenen im Hinblick auf die Störerhaftung entscheidende Bedeutung zukommt. Beides war vorliegend unzweifelhaft gegeben. Die Verfügungsbeklagte war es, die ihren Söhnen in ihrem Privathaushalt über den streitgegenständlichen Internetanschluss, über den sie als alleinige Geschäftsführerin der Firma X & T GmbH die Verfügungsgewalt innehatte, den Zugang zum Internet zur Verfügung stellte. Sie war es auch, die in ihrer Position als Mutter und als alleinige Geschäftsführerin der vertragsrechtlichen Anschlussinhaberin rechtlich und tatsächlich in der Lage war, Vorkehrungen zu treffen, damit von ihren Söhnen über den diesen von ihr zur Verfügung gestellten Internetanschluss keine Urheberrechtsverletzungen begangen wurden. Auf das Eigentum an dem Computer, von dem aus die Urheberrechtsverletzungen begangen worden sind, kommt es schon deshalb nicht an, weil ohne das Zurverfügungstellen des Internetanschlusses durch die Verfügungsbeklagte die Urheberrechtsverletzungen nicht möglich gewesen wären.
Landgericht Köln, Urteil vom 22.11.2006, AZ: 28 O 150/06