KG: Messung von Motorrädern mit Laveg VL 101 ist kein Standard


Das AG Tiergarten hatte einen Motoradfahrer wegen einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung vom 81 km/h bei innerorts erlaubten 60 km/h zu einer Geldbuße von 1.000 Euro und einen dreimonatigen Fahrverbot verurteilt. Die Geschwindigkeitsmessung war mit einem Lasermessgerät, dem Laveg VL 101 durchgeführt worden.

Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem sogenannten standardisiertes Messverfahren aus und meinte es reicht, die Überschreitung festzustellen, den Toleranzwert abzuziehen und  gut ist. War es aber nicht, denn eine standardisierte Messmethode liegt nur dann vor, wenn die Messung in Übereinstimmung mit der Bedienungsanleitung erfolgt ist. Diese sieht allerdings vor, dass bei Messungen bis zu 350 Meter Entfernung  der Messstrahl auf ein reflektierendes Kennzeichen gerichtet werden muss. Wird der Strahl auf Karosserieteile gerichtet schränkt die Bedienungsanleitung den Messbereich auf  30 bis 150 Meter ein. Ein Motorrad hat vorn kein Kennzeichen. Da die Messung hier aus einer Distanz von 199 Metern auf den vorderen Scheinwerfer gerichtet wurde,  lag diese außerhalb des zulässigen Messbereichs und war daher nicht mehr als standardisierte Messmethode anzusehen.

Die Rechtsbeschwerde des Motorradfahrers hatte zumindest den Erfolg, dass das Kammergericht die Verurteilung aufhob und die Sache an eine andere Bußgeldabteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurück verwies. Für die Beurteilung, ob die vorgenommene Messung überhaupt verwertbar ist, und ob gegebenenfalls ein erhöhter Sicherheitsabschlag anzusetzen ist, ist nach Auffassung des Kammergericht grundsätzlich ein Sachverständigengutachten erforderlich, welches das Amtsgericht jedoch nicht eingeholt hat.

Aus den Gründen:

(…) Das Urteil begegnet sachlichrechtlichen Bedenken, weil die Urteilsgründe nicht hinreichend genau erkennen lassen, dass die Geschwindigkeitsmessung ordnungsgemäß erfolgt ist. Die Feststellungen weisen aus, dass die Geschwindigkeit des von dem Betroffenen geführten Motorrades mittels einer an sich standardisierten Messmethode mit einem ordnungsgemäß geeichten Messgerät von Typ Laveg VL 101 von einem dafür ausgebildeten Polizeiangestellten gemessen worden ist. Den Urteilsgründen ist ferner zu entnehmen, dass von der gemessenen Geschwindigkeit von 146 km/h der vorgeschriebene Toleranzwert von 3 % abgezogen worden und die Geschwindigkeit mit 141 km/h festgestellt worden ist. Angesicht der am betreffenden Ort zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h wurde dem Betroffenen daher eine Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um 81 km/h vorgeworfen.

Diese Feststellungen wären, wenn die Geschwindigkeitsmessung tatsächlich mittels einer standardisierten Messmethode vorgenommen worden wäre, geeignet, die dem Betroffenen vorgeworfene Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit rechtsfehlerfrei zu belegen. In den Fällen, in denen die Geschwindigkeitsmessung mittels einer standardisierten Messmethode erfolgt, ist es als Grundlage einer ausreichenden nachvollziehbaren Beweiswürdigung ausreichend, wenn die Feststellungen Angaben zum Messverfahren und zum Toleranzwert enthalten (vgl. BGHSt 39, 291 ff.).

Eine standardisierte Messmethode liegt jedoch bei – wie hier – von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zugelassenen Geräten nur dann vor, wenn die Messung in Übereinstimmung mit der Bedienungsanleitung erfolgt. Die Urteilsgründe weisen jedoch aus, dass das hier nicht der Fall ist.

Ausweislich der Bedienungsanleitung ist das Laveg – Gerät zwar für Messungen bis zu 350 Meter Entfernung zugelassen, sofern der Messstrahl auf ein reflektierendes Kennzeichen gerichtet wird. Bei einem – wie hier – von vorne angemessenen Motorrad scheidet eine derartige Messung jedoch aus, weil ein vorderes Kennzeichen nicht vorhanden ist. Es kann daher nur eine Messung auf Karosserieteile – hier den vorderen Scheinwerfer – durchgeführt werden. Für derartige Messungen schränkt die Bedienungsanleitung des Geräts den Messbereich jedoch auf 30 bis 150 Meter ein. Die hier vorgenommene Messung aus einer Distanz von 199 Metern auf ein Karosserieteil lag daher außerhalb des durch die Betriebsanleitung definierten zulässigen Messbereichs und ist daher nicht als mit standardisierten Messmethode vorgenommen anzusehen.

In derartigen Fällen ist für die Beurteilung, ob die vorgenommene Messung überhaupt verwertbar ist, und ob gegebenenfalls ein erhöhter Sicherheitsabschlag anzusetzen ist, grundsätzlich ein Sachverständigengutachten erforderlich, welches der Tatrichter jedoch nicht eingeholt hat.

Der Senat hebt daher das angefochtene Urteil auf und verweist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurück. (…)

KG, Beschl. v. 23.03.2011, Az: 3 Ws (B) 650/10, 3 Ws (B) 650/10 – 2 Ss 351/10

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