Das Amtsgericht Zehdenick hatten den den Angeklagten mit Urteil vom 1. Dezember 2009 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 34,00 € verurteilt. Am 29. Dezember 2008, einem Montag, gegen 22:45 Uhr war der Angeklagte mit seinem Fahrrad auf dem Gehweg der Grünstraße in Zehdenick Schlangenlinien gefahren und von der Polizei angehalten worden. Eine um 23:35 Uhr auf Anordnung der Polizei entnommene Blutprobe ergab eine Ethanolkonzentration von 2,26 mg/g, womit absolute Fahruntauglichkeit vorlag.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision einlegen lassen und die Verwertung des Alkoholuntersuchungsbefundes beanstandet. Die Anordnung der Entnahme der Blutprobe durch die Polizeibeamten gegen den wegen des Verdachts der Trunkenheit im Verkehr auf frischer Tat betroffenen Angeklagten sei unter bewusster Missachtung des Richtervorbehalts erfolgt. Das OLG Brandenburg verwarf die Revision als unbegründet.
Die Begründung hat es in sich. Ob der Beamte nicht sogar zu Recht Gefahr im Verzug annehmen und die Blutentnahme anordnen durfte, könne dahin stehen, da ein Beweisverwertungsverbot jedenfalls nicht ersichtlich sei. Das Gericht ergeht sich in Ausführungen zum nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienst und das dieser im Bezirk des AG Zehdenick nicht bestand, interpretiert zwar die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, dass ein richterlicher Eildienst stets (!) zu gewährleisten sei richtig, führt dann aber aus, dass sich eine einheitliche Rechtsprechung zur Frage der Gebotenheit eines nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienstes zur Sicherung des Richtervorbehalts aus § 81a Abs. 2 StPO bisher nicht entwickelt habe, noch die Justizverwaltungen der Länder noch die Präsidien der Gerichte bisher zu einer einheitlichen Regelung gefunden hätten. Bemerkenswert wie mit Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgegangen wird. Es müsste zwar ein Bereitschafstrichter da sein, aber wenn keiner da ist, braucht die Polizei auch nicht versuchen einen zu erreichen. Klingt zwar logisch, entspricht aber nicht den gesetzlichen Vorgaben. Den Gipfel der Kaltschnäuzigkeit erreicht das OLG wenn es zum einen meint, dass zur Rechtssicherheit eine einheitliche Handhabung beitragen würde, sei es durch bundesgesetzliche Regelungen oder durch höchstrichterliche Rechtsprechung, von einer Vorlage der Rechtsfragen an den Bundesgerichtshof aber dann absieht. So langsam wird es albern.
Aus den Gründen:
Die Rüge der Verletzung des Richtervorbehalts nach § 81a Abs. 2StPO greift nicht durch. Es ist bereits fraglich, ob der Polizeibeamte nicht zu Recht seine Anordnungskompetenz für die Entnahme einer Blutprobe wegen Gefahr im Verzug angenommen hat.
Nach § 81 a Abs. 2 StPO steht die Anordnung der Blutentnahme grundsätzlich dem Richter zu. Der Richtervorbehalt – auch der einfachgesetzliche – zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme in ihren konkreten gegenwärtigen Voraussetzungen durch eine unabhängige und neutrale Instanz. Nur bei einer Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch die mit der Einholung einer richterlichen Entscheidung einhergehende Verzögerung besteht auch eine Anordnungskompetenz der Staatsanwaltschaft und – nachrangig – ihrer Ermittlungspersonen. Die Gefährdung des Untersuchungserfolgs muss mit Tatsachen begründet werden, die auf den Einzelfall bezogen und in den Ermittlungsakten zu dokumentieren sind, sofern die Dringlichkeit nicht evident ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2007 – 2 BvR 273/06 – m.w.N., zit. n. juris).
Das Oberlandesgericht Köln hat in seiner Entscheidung vom 15. Januar 2010 (83 Ss 100/09, zit. nach juris) die Frage aufgeworfen, ob in einer generalisierenden Betrachtungsweise davon auszugehen ist, dass bei Straftaten unter Alkoholeinfluss von vorneherein – ohne Berücksichtigung des Schutzzwecks des Richtervorbehalts im konkreten Einzelfall – eine Gefährdung des Untersuchungserfolgs i.S. des § 81a Abs. 2 StPO angenommen werden könne. Dabei sei einerseits zu berücksichtigen, dass nach allgemeiner Ansicht die Gefährdung des Untersuchungserfolgs nicht allein mit dem abstrakten Hinweis begründet werden könne, eine richterliche Entscheidung sei gewöhnlich zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb einer bestimmten Zeitspanne nicht zu erlangen (BVerfGE 103, 142, 156; BGHSt 51, 285, 293). Auch sei bei Straftaten im Zusammenhang mit Alkohol und Drogen die typischerweise bestehende abstrakte – und damit gerade nicht einzelfallbezogene – Gefahr, dass durch den körpereigenen Abbau der Stoffe der Nachweis der Tatbegehung erschwert oder gar verhindert wird, allein noch nicht für die Annahme einer Gefährdung des Untersuchungserfolgs ausreichend (OLG Köln NStZ 2009, 406; OLG Hamm NJW 2009, 242, 243; OLG Hamburg NJW 2008, 2597, 2598; OLG Jena, Beschluss vom 25. 11. 2008, 1 Ss 230/08, zit. nach juris). Andererseits dürften jedoch die konkreten Umstände des Einzelfalls, etwa im Hinblick auf die jeweilige Tages- oder Nachtzeit, die jeweiligen Besonderheiten am Ort der Kontrolle, die Entfernung zur Dienststelle bzw. zum Krankenhaus mit Erreichbarkeit eines Arztes oder der Grad der Alkoholisierung und seine Nähe zu rechtlich relevanten Grenzwerten, nicht außer Betracht gelassen werden. Die Annahme einer Gefährdung des Untersuchungserfolgs müsse vielmehr auf Tatsachen gestützt werden, die auf den Einzelfall bezogen und in den Ermittlungsakten zu dokumentieren sind, sofern die Dringlichkeit nicht evident ist. Das Bestehen einer solchen Gefährdung unterliege der vollständigen, eine Bindung an die von der Exekutive getroffenen Feststellungen und Wertungen ausschließenden gerichtlichen Überprüfung (BVerfG NJW 2008, 3053, 3054; BVerfG NJW 2007, 1345, 1346; BVerfGE 103, 142, 156; OLG Hamburg NJW 2008, 2597, 2598; OLG Hamm NJW 2009, 242, 243; OLG Jena, Beschluss vom 25. 11. 2008 – 1 Ss 230/08, zit. n. juris). Somit sei im Rahmen des § 81a Abs. 2 StPO für die im konkreten Einzelfall zu beurteilende Frage, ob die Ermittlungsbehörden eine richterliche Entscheidung rechtzeitig hätten erreichen können, der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem die Staatsanwaltschaft bzw. – wie hier – ihre Ermittlungspersonen eine Eingriffsmaßnahme in Form der Blutentnahme für erforderlich hielten (BGHSt 51, 285, 289). Die mit der Sache befasste Ermittlungsperson müsse zu diesem Zeitpunkt eine eigene Prognoseentscheidung zur mutmaßlichen zeitlichen Verzögerung treffen (OLG Köln, Beschluss vom 15. Januar 2010, 83 Ss 100/09, zit. nach juris).
Hierzu ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die Anordnung der Blutentnahme nach 22:45 Uhr erfolgte, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem im Land Brandenburg im Allgemeinen (vgl. BVerfG NJW 2004, 1442) und im Amtsgerichtsbezirk Zehdenick im Besonderen (vgl. AV „Bereitschaftsdienst bei den Amtsgerichten“ der Ministerin der Justiz des Landes Brandenburg vom 19. März 2006, JMinBl. S. 38, iVm. Ziff. 5 des richterlichen Geschäftsverteilungsplanes des Amtsgerichts Zehdenick für das Geschäftsjahr 2008) ein richterlicher Eil- und Bereitschaftsdienst nicht eingerichtet war, so dass mit einer richterlichen Entscheidung frühestens ab 6:00 Uhr des Folgetages (vgl. § 104 Abs. 3 StPO) zu rechnen war. Zum anderen erfolgte die Anordnung der Blutentnahme, nachdem sich der Angeklagte der Durchführung eines Atemalkoholtests verweigert hatte, folglich der anordnende Polizeibeamte keine Anhaltspunkte hinsichtlich des Grades der Alkoholisierung des Angeklagten haben konnte. Vor diesem Hintergrund hätte der Zeuge … zum einen befürchten müssen, dass ein Zuwarten von etwa sieben Stunden bis zur Erlangung einer richterlichen Anordnung zu einer Gefährdung des Untersuchungserfolges führen könnte. Zum anderen wäre das Festhalten des Angeklagten über 7 Stunden bis zur Erlangung einer richterlichen Anordnung zur Verhinderung eines Nachtrunks möglicherweise ein schwerwiegenderer Eingriff als die Blutentnahme und daher unverhältnismäßig (vgl. auch Landgericht Hamburg, Beschluss vom 06. Mai 2010 – 603 Qs 165/10 – zitiert nach juris).
Die tatsächlichen Voraussetzungen der Annahme von Gefahr im Verzug könnten hiernach vorgelegen haben. Die Frage, ob das generelle Fehlen eines nächtlichen Eildienstes bei dem Amtsgericht Zehdenick (am 29. Dezember 2008) dennoch zu einem Beweiserhebungsverbot geführt hat, kann letztlich unbeantwortet bleiben, da jedenfalls ein Beweisverwertungsverbot ausgeschlossen werden kann.
Ein allgemein geltender Grundsatz, dass jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht, ist dem Strafverfahrensrecht fremd, und die Frage der Verwertbarkeit verbotswidrig erlangter Erkenntnisse ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, namentlich nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Ein Beweisverwertungsverbot ist demnach eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist (vgl. BGH St 44, 243 m.w.N.; BGH in NJW 2007, 2269). Hierbei können die willkürliche Annahme von Gefahr im Verzug, die bewusste Umgehung oder Missachtung des Richtervorbehalts oder das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers ein Verwertungsverbot begründen (BVerfG NJW 2008, 3053; BGHSt 51, 285; BGH, Beschluss vom 15.05.2008, 2 ARs 452/07, zit. nach juris; OLG Köln NStZ 2009, 406; OLG Köln Beschluss vom 15.01.2010, 83 Ss 100/09, zit. nach juris; OLG Stuttgart NStZ 2008, 238; OLG Karlsruhe VRR 2008, 243; OLG Bamberg NJW 2009, 2146; OLG Celle NJW 2009, 3524: jew. m.w.N.). Eine gesetzliche Vorschrift, die für den zu beurteilenden Fall ein Beweisverwertungsverbot ausdrücklich anordnet, existiert nicht.
Ein objektiv willkürliches Verhalten des Polizeibeamten … oder eine bewusste Umgehung des Richtervorbehalts liegen nicht vor. Soweit die Revision geltend macht, der Zeuge … habe schon deswegen objektiv willkürlich gehandelt, weil er nicht versucht habe, einen Richter zu erreichen, geht dies fehl. Denn das Revisionsvorbringen impliziert, dass zur Nachtzeit ein Richter hätte erreicht werden können. Dies ist jedoch unzutreffend, da im Amtsgerichtsbezirk Zehdenick gemäß der AV „Bereitschaftsdienst bei den Amtsgerichten“ der Ministerin der Justiz des Landes Brandenburg vom 19. März 2006 (JMinBl. S. 38) iVm. Ziff. 5 des richterlichen Geschäftsverteilungsplanes des Amtsgerichts Zehdenick für das Geschäftsjahr 2008 jedenfalls in der Nachzeit im Sinne des § 104 Abs. 3 StPO, also von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr ein richterlicher Eil- oder Bereitschaftsdienst nicht eingerichtet war (ebenso für Bayern: OLG Bamberg, Beschluss vom 20.11.2009, 2 Ss OWi 1283/09 zit. n. juris; für Nordrhein-Westfalen: OLG Köln, Beschluss vom 15.01.2010, 83 Ss 100/09 zit. n. juris). Wenn der Zeuge … jedoch wusste, dass – wie es in den Urteilsfeststellungen heißt – die Entscheidung eines Richters mangels Erreichbarkeit (zur Nachtzeit) nicht herbeigeführt werden kann, kann von einer bewussten Umgehung des Richtervorbehalts oder von einem objektiv willkürlichen Verhalten nicht die Rede sein.
Ein Verwertungsverbot besteht auch nicht deshalb, weil der Polizeibeamte die erforderliche Dokumentation unterlassen hat (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 19.03.2009, 2 Ss 15/09; OLG Bamberg, Beschluss vom 20.11.2009, 2 Ss OWi 1283/09, jew. zit. nach juris). Die Ermittlungsperson, die unter Annahme von Gefahr in Verzug gemäß § 81 a Abs. 2 StPO eine Blutentnahme anordnet, ist verpflichtet, die hierfür maßgeblichen Gründe schriftlich zu dokumentieren. Das Gebot effektiven Rechtschutzes verlangt, dass die anordnende Stelle ihre Entscheidung mit den maßgeblichen Gründen schriftlich niederlegt, um so eine nachträgliche gerichtliche Überprüfung zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 103, 142, 156 ff.). Diese Dokumentation ist vorliegend nicht vorgenommen worden. Bei der Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, ist die fehlende Dokumentation aber nur eines von mehreren Kriterien, die bei der erforderlichen Abwägung Beachtung finden können. Die fehlende Dokumentation für sich allein führt grundsätzlich nicht zu einem Beweisverwertungsverbot (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 242, 243 ; BGH NStZ 2005, 392, 393), was auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (BVerfG NJW 2008, 3053, 3054).
Soweit die Oberlandesgerichte Hamm (StV 2009, 459) bzw. Celle (StV 2009, 518) ein Beweisverwertungsverbot dann annehmen, wenn sich der Polizeibeamte keinerlei Gedanken über das Vorliegen von Gefahr im Verzug macht, ist dies auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die Anordnung der Blutentnahme erfolgte in den zugrunde liegenden Fällen um 19.00 Uhr bzw. um 12.10 Uhr und damit zu einem Zeitpunkt, in dem die Erreichbarkeit eines Richters nahelag. Hier hingegen wurde die Anordnung der Blutentnahme gegen Mitternacht getroffen, also zu einer Zeit, in der die Erreichbarkeit des Richters ausgeschlossen war (ausf. OLG Bamberg, Beschluss vom 19.03.2009, 2 Ss 15/09; OLG Bamberg, Beschluss vom 20.11.2009, 2 Ss OWi 1283/09, jew. zit. nach juris)
Es kann hier dahinstehen, ob die fehlende Einrichtung eines nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienstes zur Sicherung des Richtervorbehalts aus § 81a Abs. 2 StPO einen – der willkürlichen oder bewussten Umgehung dieses Richtervorbehalts gleich zu achtenden – schwerwiegenden Fehler begründet und damit zu einem Beweisverwertungsverbot führt, da dies jedenfalls für die Anordnungszeit vom 29. Dezember 2008 noch nicht anzunehmen ist.
Der 3. Strafsenat des OLG Hamm hat mit Urteil vom 18. August 2009 (StraFo 2009, 417 ff.) im Zusammenhang mit dem Richtervorbehalt in Art. 13 Abs. 2 GG, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO ausgeführt, ein besonders schwerwiegender Verstoß jenseits willkürlichen Handelns oder einer bewussten Umgehung des Richtervorbehalts könne auch darin liegen, dass ein richterlicher Eil- oder Bereitschaftsdienst zur Nachtzeit durch die Justizverwaltung nicht eingerichtet sei. Dieser zu einem Beweisverwertungsverbot führende schwerwiegende Verstoß sei dementsprechend nicht im Verhalten der jeweils anordnenden Person begründet, sondern „in der fehlerhaften Missachtung des Richtervorbehalts durch die Justizverwaltung“ (OLG Hamm, 3. Strafsenat, StraFo 2009, 417, 419). Diese Rechtsprechung wendet der 3. Strafsenat des OLG Hamm auch für den einfachgesetzlichen Richtervorbehalt nach § 81a StPO an (vgl. Beschluss vom 22. Dezember 2009, 3 Ss 497/09, bestätigt durch Beschlüsse vom 30. März 2010 -3 RVs 7/10 und vom 30. März 2010 – 3 RVs 9/10, zit. nach juris). Die Einrichtung eines richterlichen Eildienstes zur Nachtzeit sei (jedenfalls im Landgerichtsbezirk Bielefeld, für welchen der Senat zuständig sei ) verfassungsrechtlich geboten, da kein sachlicher Grund dafür bestehe, bei der Beurteilung der Erforderlichkeit eines richterlichen Eildienstes zur Nachtzeit den einfachgesetzlichen Richtervorbehalt anders zu behandeln als verfassungsrechtlich gewährleistete Richtervorbehalte.
Von einem Beweisverwertungsverbot geht der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm allerdings in den (im Landgerichtsbezirk Bielefeld) vorkommenden Fällen nicht aus, in welchen die Anordnung der Blutentnahme durch einen Polizeibeamten vor der Veröffentlichung der Senatsentscheidung vom 18. August 2009 erfolgte, da hier eine jahrelange und schwerwiegende Missachtung der obergerichtlichen Rechtsprechung für die zurückliegenden Fälle gerade nicht angenommen werden könne. Eine ohne richterliche Anordnung erfolgte Blutentnahme, die nach der Veröffentlichung der Entscheidung angeordnet wurde, ist offenbar bisher nicht Gegenstand der Überprüfung des Senats gewesen.
Vor dem Hintergrund der Entscheidung des 3. Strafsenates des OLG Hamm vom 18. August 2009 hatte der 4. Strafsenat des OLG Hamm im Beschluss vom 10.09.2009 (4 Ss 316/09, zit. n. juris) im Zusammenhang mit einer um 23:13 Uhr entnommenen Blutprobe ausgeführt, dass die im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung zur Nachtzeit ergangene Entscheidung des 3. Senates des OLG Hamm und die dort angestellten Überlegungen nicht zuträfen, diese jedenfalls nicht auf die Anordnung einer Blutentnahme gemäß § 81 a StPO übertragen werden könnten. Vielmehr sei zwischen dem einfachgesetzlichen und dem verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt zu differenzieren. Zudem ließe sich der Sinn des Richtervorbehaltes, dem betroffenen Bürger einen möglichst effektiven Rechtsschutz im Sinne des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz zu gewähren, in der praktischen Umsetzung kaum erreichen, da im Wege des richterlichen Eildienstes zur Nachtzeit im Regelfall nur ein telefonischer Antrag seitens der Staatsanwaltschaft ergehe, was eine telefonische Anordnung der Blutentnahme durch einen Richter nach sich ziehe. In dieselbe Richtung gehen auch die Entscheidungen des OLG Oldenburg vom 15. April 2010 – 2 SsBs 59/10- und des OLG Celle vom 25. Januar 2010 – 322 SsBs 315/09 sowie des OLG Köln vom 15.01.2010, 83 Ss 100/09.
Die Nichteinrichtung eines nächtlichen Eildienstes für Anordnungen nach § 81 a StPO kann nach Auffassung des Senats nur in den Fällen zur Annahme eines Beweisverwertungsverbotes führen, in welchen die Präsidien der Gerichte oder die ggf. zuständige Justizverwaltung trotz entgegenstehender sachlicher Notwendigkeit und unter Missachtung klarer und eindeutiger höchstrichterlicher Rechtsprechung einen nächtlichen richterlichen Eil- bzw. Bereitschaftsdienst nicht einrichten. Diese Voraussetzungen lagen zum Tatzeitpunkt am 29. Dezember 2008 mit Sicherheit nicht vor.
Der Senat hat in dem Beschluss vom 25. März 2009 (1 Ss 15/09) die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 12. Februar 2007 dahingehend interpretiert, dass die verfassungsrechtliche Verpflichtung der Gerichte bestehe, die Erreichbarkeit eines Ermittlungsrichters stets zu gewährleisten. Aus heutiger Betrachtung ist festzustellen, dass sich eine einheitliche Rechtsprechung zur Frage der Gebotenheit eines nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienstes zur Sicherung des Richtervorbehalts aus § 81a Abs. 2 StPO bisher nicht entwickelt hat. Die Rechtsfrage ist bundesgerichtlich nicht entschieden und wird, wie oben dargelegt, von den Strafsenaten der Oberlandesgerichte kontrovers behandelt. Auch haben weder die Justizverwaltungen der Länder noch die Präsidien der Gerichte, auch mit Blick auf die uneinheitliche Rechtsprechung, bisher zu einer einheitlichen Regelung des richterlichen Eildienstes gefunden. Die nächtlichen Eildienste werden in den Bundesländern, den einzelnen Oberlandesgerichtsbezirken und sogar innerhalb der Oberlandesgerichtsbezirke unterschiedlich gehandhabt.
Eine lediglich lokal umgrenzte obergerichtliche Rechtsprechung – wie sie der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm für den Landgerichtsbezirk Bielefeld vorsieht – zu der Frage, ob die Einrichtung eines nächtlichen richterlichen Eildienstes zur Anordnung der Blutentnahmen gemäß § 81 a StPO geboten ist, erscheint dem Senat ebenso wenig praktikabel wie die Unterscheidung nach den in den einzelnen Eildienstbezirken aufkommenden Fällen.
Die Rechtssicherheit gebietet nach Auffassung des Senats vielmehr eine einheitliche Handhabung, sei es durch bundesgesetzliche Regelungen oder durch höchstrichterliche Rechtsprechung. Eine Vorlage der Rechtsfragen an den Bundesgerichtshof gemäß § 121 GVG ist, soweit ersichtlich, noch nicht erfolgt und kommt auch vorliegend nicht in Betracht, da die Voraussetzungen für eine Vorlage fehlen. (…)
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16.06.2010, Az: (1) 53 Ss 68/10 (34/10) (Justiz Berlin-Brandenburg)