AG Königs Wusterhausen – Die Schlägerei nach dem Abiball


Unser Mandant suchte uns in seiner Strafsache mit der Terminladung des Amtsgerichts Königs Wusterhausen auf, die zugrunde liegende Anklage hatte er mal erhalten, fand sie aber nicht mehr. Der Termin sollte schon zwei Wochen später stattfinden. Die eilig beantragte Akteneinsicht ergab, dass ihm eine gemeinschaftlich begangene, gefährliche Körperverletzung vorgeworfen wurde. Die Aktenlage dann sprach recht deutlich gegen unseren Mandanten, der nach einem Abiball aus einer Gruppe heraus dem Geschädigten, der mit Freunden in Richtung Bahnhof unterwegs war, mit einem Schlag das Nasenbein zertrümmert haben soll. Neben dem Geschädigten wollten auch andere Zeugen unseren Mandanten bei der Schlägerei erkannt haben, so jedenfalls hatte es die Polizei noch in der Tatnacht ermittelt. Gegen einen weiteren Beschuldigten wurde ebenfalls ein Verfahren geführt, auch er soll sich an der Prügelei beteiligt haben. Sein Verfahren war aber, da Heranwachsender, abgetrennt worden.

Die Geschichte, die unser Mandant nach Erläuterung des Akteninhaltes erzählte, passte allerdings so gar nicht zum Ermittlungsergebnis. Danach sei der Geschädigte mit bereits blutender Nase zum Abiball zurückgekommen und habe unseren Mandanten, der gerade mit einer Freundin vor der Schule stand, grundlos angepöbelt. Nach einem kurzen Wortgefecht sei der Geschädigte dann gegangen. Kurz darauf kam ein Türsteher, der unseren Mandanten dann bis zum Eintreffen der Polizei festhielt. Der Mitbeschuldigte sei ein Kumpel, den er angerufen hatte und der auch schon auf dem Heimweg, daraufhin zur Schule zurückgekommen war.

Die Hauptverhandlung verlief dann etwas verworren, als die Zeugen angefangen vom Geschädigten, jeweils völlig unterschiedliche Sachverhalte zum Besten gaben. Gemein war allerdings allen Schilderungen, dass es eine Schlägerei auf dem Weg zum Bahnhof gab, an der unser Mandant nicht beteiligt war, so dass die Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung jeglicher Grundlage entbehrte. Später allerdings soll unser Mandant dem Geschädigten vor der Schule noch eine eingeschenkt haben. Auch hier waren die Angaben der Zeugen widersprüchlich. Allein der Geschädigte war der Meinung, dass natürlich erst durch diesen Schlag sein Nasenbein gebrochen sei. Am allerwenigsten begriff der Mitbeschuldigte, dass und warum auch gegen ihn ein Verfahren geführt wurde. Alle Beteiligten zeigten sich ob der „sorgfältigen“ Ermittlungsarbeit der Polizei hocherfreut, waren aber nicht wirklich schlauer. Die Richterin erteilte dann den Hinweis, dass auch eine einfache Körperverletzung in Frage käme, was zwar richtig ist, aber einen völlig anderen, nicht angeklagten Lebenssachverhalt betraf, und wollte zur Sicherheit den nicht erschienenen Türsteher hören, der nach Beteuerung des Geschädigten alles gesehen habe.

Der Türsteher erzählte dann im Fortsetzungstermin eine Geschichte, die der Einlassung unseres Mandanten am nächsten kam. Danach sei der Geschädigte blutend und mit kaputter Nase in die Schule gestürmt, habe was von einer Schlägerei am Bahnhof erzählt und eine mehr oder weniger präzise Täterbeschreibung abgegeben. Daraufhin sei der Zeuge aus der Schule herausgegangen und habe unseren Mandanten angesprochen, auf den die Beschreibung – so wie wohl auf hundert andere junge Männer auch – irgendwie zutraf und bat in mitzukommen. Dem kam unser Mandant auch nach, woraufhin der Geschädigte meinte, das wäre der Richtige. Von einer angeblich weiteren Auseinandersetzung vor der Schule hörte der Zeuge bei der Verhandlung zum ersten Mal. Da alle Beteiligten von dieser Beweisaufnahme genug hatten, wurde noch schnell der Bundeszentralregisterauszug verlesen – natürlich leer – und von der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung übereinstimmend auf Freispruch plädiert. Die Richterin schrieb ohne den Saal zu verlassen noch schnell den Tenor nieder und sprach kurz und knapp frei. Etwas erstaunt war die Verteidigung dann, als die Sitzungsvertreterin nach der Rechtsmittelbelehrung angab, dazu keine Erklärung abgeben zu können und sich als Referendarin „outete“. Angesichts der Souveränität in der Verhandlung und ihrer präzisen Fragen hätte man ihr die Staatsanwältin problemlos abgenommen.

Bei sorgfältigerer Zeugenbefragung in der Tatnacht und auch bei den späteren Vernehmungen hätte die Polizei uns allen möglicherweise diesen Unsinn ersparen können. Allerdings hätte auch unser Mandant sich früher kümmern können, was ihm aber keiner ankreidete. Unser Mandant, derzeit als Zeitsoldat bei der Bundeswehr, war letzten Endes heilfroh, den eine Verurteilung hätte für ihn auch disziplinarische Folgen gehabt, und versprach sich im Fall eines Falles etwas früher an uns zu wenden.

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