V wie… innovative Schadenregulierung


Am Fahrzeug unserer Mandantin war nach einem Unfall ein nicht unerheblicher Schaden entstanden. Der Vater der Mandantin war in eine Straße eingefahren, als der Unfallgegner beschloss auszuparken und prompt in die Seite des vorbeifahrenden Pkw unserer Mandantin schrammte. Unsere Mandantin machte im Vertrauen darauf, dass so eine Schadenregulierung nicht kompliziert sein könne, den Fahrzeugschaden selbst geltend. Von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners kamen zunächst die üblichen Textbausteine, man müsse erst die Unfallakte abwarten usw.

In dem gegen den Unfallgegner nebenher geführten Bußgeldverfahren nahm dessen Verteidiger Stellung und erzählte einen lustigen Sachverhalt, den wir uns gemerkt und bei nächster Gelegenheit in einem Bußgeldverfahren auch mal vortragen werden. So soll der Vater unserer Mandantin beim „schwungvollen Rechtsabbiegen“ einem ausparkenden Fahrzeug auf seiner rechten Fahrspur ausgewichen und auf der anderen Seite der Fahrspur gegen das stehende Fahrzeug des Unfallgegners gefahren sein. Diese blumige Unfallschilderung führte zur Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens, auch wenn sich aus der Unfallaufnahme keine Anhaltspunkte für einen „Phantomausparker“ ergaben und zum anderen der Unfallgegner nach Belehrung den Verkehrsverstoß mit der Äußerung, „Ich bin aus der Parklücke gerollt“ zugab.

Die Versicherung lehnte daraufhin wegen der Einstellung des Bußgeldverfahrens jegliche Zahlung ab. Unsere Mandantin fragte daraufhin ihren Chef, einen Rechtsanwalt um Rat. Der forderte die Unfallakte an, die ihm von der Versicherung auch „entgegenkommenderweise“ übersandt wurde. Da der Kollege im Insolvenzrecht tätig ist, traf er eine kluge Entscheidung und schickte unsere Mandantin zu einem Verkehrsrechtler. Wir waren die Auserwählten und versuchten die Versicherung zu einer außergerichtlichen Regulierung zu bewegen. Dort wollte man aber nicht mit uns kommunizieren, da sich ja bereits ein anderer Kollege angezeigt hatte. Warum man mit dem auch nicht kommunizierte und warum man unsere schriftliche Vollmacht völlig ignorierte, erschloss sich uns beim allerbesten Willen nicht. Jedenfalls nahmen wir die Mitteilung, dass man nicht mit uns spielen möchte zur Kenntnis und teilten der Versicherung kurz und knapp mit, dass wir dann eben unter Zuhilfenahme des AG Mitte kommunizieren werden. Das erschien uns fruchtbarer.

Die Mandantin war leider nicht rechtschutzversichert und finanziell sonst auch nicht auf Rosen gebettet. Der Job beim Rechtsanwalt war nur ein geringfügiger, als Ergänzung zu Sozialleistungen. Also erhoben wir Klage unter der Maßgabe, dass Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Das AG Mitte stellte den PHK-Antrag nebst beabsichtigter Klage zu und die Versicherung „widersprach“ dem Antrag. Zuvor sei ja ein anderer Rechtsanwalt mandatiert worden, es sei daher leider nicht möglich, mit uns zu kommunizieren. Der zuständige Richter wunderte sich auch ob dieses Unfugs und teilte der Versicherung mit, dass das Gericht schon interessiert wäre zu erfahren, weshalb man nicht reguliert, an wen auch immer. Weswegen sich die Versicherung gehindert sah, mit uns zu kommunizieren, erschloss sich dem Richter auch nicht. Er bat also um eine inhaltliche Stellungnahme.

Statt der Stellungnahme kam dann ein Schreiben der Versicherung, wonach alle Schadenpositionen nun gezahlt werden – allerdings „ohne Präjudiz und unter Rückforderungsvorbehalt“. Bei so viel geballter „Fachkompetenz“ blieb uns nichts weiter übrig, als die natürlich „vergessenen“ Zinsen geltend zu machen und die Klage auf Feststellung, dass alle Schäden aus dem Unfall von der Versicherung zu ersetzen sind, umzustellen. Hätte die Versiherung einfach gezahlt, wäre nur noch die Erledigung des Rechtsstreits zu erklären gewesen und gut. Aber wer es haben will, bekommt es auch. Der Name der Versicherung kommt übrigens aus dem lateinischen und bedeutet siegen. Davon ist diese Versicherung aber weit entfernt.

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