LG Frankfurt am Main – Anklage wegen Vorwurfs des Betruges durch sog. Internetfallen nicht zugelassen


(c) Pauline / Pixelio

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Wie schon bei Heise berichtet, hat das Landgericht Frankfurt am Main hat die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen zwei Angeschuldigte abgelehnt, denen im Zusammenhang mit Dienstleistungsangeboten im Internet Betrugstaten zum Nachteil zahlreicher Nutzer zur Last gelegt werden. Die Anklage hatte sich gegen Michael Burat, den ehemaligen „Director“ der NetContent Ltd., sowie eine Katarina Dovcová, Geschäftsführerin der Nachfolgefirma Online Content Ltd., gerichtet. Die Unternehmen betreiben sogenannte Internet-Abofallen.

Die Staatsanwaltschaft sah es als erwiesen an, dass die anbietenden Unternehmen, verantwortlich handelnd durch die Angeschuldigten, unter Verschleierung einer Zahlungspflicht der Nutzer Leistungen, angeboten haben, wobei die Nutzer darüber getäuscht wurden, dass für die Inanspruchnahme der auf der Website angebotenen Leistung ein Entgelt von bis zu 60 Euro zu zahlen ist. Der Hinweis zur Kostenpflichtigkeit sei so platziert worden, dass er von den Nutzern übersehen werden konnte und so bei ihnen die Fehlvorstellung entstand, die Inanspruchnahme der Leistung sei kostenlos.

Insoweit haben die Ermittlungen ergeben, dass die Nutzer zunächst – z. B. mittels eines Gewinnspiels – veranlasst wurden, in einer Anmeldemaske ihre persönlichen Daten, wie Namen, Geburtsdatum, Anschrift und E-Mail- Adresse, einzugeben. Die Aufforderung, diese Angaben zu machen, war mit einem * versehen. Erst im weiteren Verlauf der Website, zu der man je nach den Eigenschaften des Computerbildschirms u. U. erst nach unten „scrollen“ musste, erfolgte in nicht hervorgehobener Weise der Sternchenhinweis mit der Mitteilung des Preises sowie des Umstands, dass das entsprechende Entgelt bei Inanspruchnahme der Leistung zu zahlen ist.

In ihrer Entscheidung über die Zulassung der Anklage gelangt die zuständige Kammer des Landgerichts zu dem Ergebnis, dass die den Angeschuldigten zur Last gelegten Handlungen den Tatbestand des Betruges ( § 263 StGB) nicht erfüllen. Für eine Verschleierung der Kostenpflicht spreche zwar, dass die Angaben zur Zahlungspflichtigkeit erst am Ende des unter der Anmeldemaske befindlichen Textes erwähnt werden; daraus, dass die Kostenpflichtigkeit möglicherweise nicht auf den ersten Blick erkennbar sei, folge jedoch nicht zwangsläufig, dass es sich insoweit um eine Täuschung handele.

Wörtlich heißt es in der Entscheidung:

So gibt es keinen allgemeinen Vertrauensschutz dahin gehend, dass man bei Dienstleistungen – sei es im Internet oder auch im sonstigen Leben – auf den ersten Blick erkennen können muss, dass es ich um ein kostenpflichtiges Angebot handelt. Es ist vielmehr keineswegs unüblich, dass derartige Angaben – oder auch solche über die Höhe des Entgelts – erst bei genauerem Lesen des Angebots erkennbar sind. Dass die angebotenen Dienstleistungen bzw. Downloads tatsächlich nicht erbracht wurden bzw. auf Abruf erbracht werden würden, wirft indes auch die Staatsanwaltschaft den Angeschuldigten – jedenfalls im Rahmen der vorliegend angeklagten Fälle – nicht vor. Der den Hinweis enthaltende Text ist ferner nur wenige Zeilen lang und der Preis der Leistungen ist zudem optisch durch Fettdruck und durch die Wahl der Position am Satzende hervorgehoben. Auch beim bloßen Überfliegen kann er also problemlos zur Kenntnis genommen werden.

Spätestens bei der für die Anmeldung erforderlichen Eingabe der persönlichen Daten ist auch aus Sicht eines durchschnittlichen Internetnutzers eine sorgfältigere Befassung mit den Inhalten der jeweiligen Website angezeigt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des angebotenen Gewinnspiels. Denn selbst wenn Internetnutzer einen Zusammenhang der Dateneingabe mit dem Gewinnspiel vermutet haben sollten, so gebietet allein das Eingeben von sensiblen Daten – im Gegensatz zum bloßen Abrufen von Informationen -, dass man zuvor eine sorgfältigere Prüfung des Hintergrundes des Erfordernisses dieser Eingabe vornimmt. Hierzu gehört auch, die Website genauer als beim „bloßen Surfen“ zur Kenntnis zu nehmen.

So ist die Eingabe der Daten in ein Formular im Internet durchaus vergleichbar mit dem Ausfüllen eines Papierformulars, bei der man grundsätzlich auch mit erhöhter Aufmerksamkeit den Inhalt des Schriftstücks prüft bzw. zur Kenntnis nimmt. Dieses Maß an Sorgfalt bzw. Aufmerksamkeit ist auch einem möglicherweise nur flüchtig aufmerksamen Internetnutzer spätestens in dem Moment, indem er persönliche Daten eingeben soll, zuzumuten. Dies gilt umso mehr, da der Nutzer hier nicht nur die eigenen Daten eingeben muss, sondern auch durch Setzen eines Hakens bestätigen muss, dass er die AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) – in denen wiederum ebenfalls die Entgeltlichkeit enthalten ist- zur Kenntnis genommen hat, bevor ihm überhaupt die Inanspruchnahme der Leistung möglich ist.

Es ist auch nicht etwa so, dass sich ein Nutzer des Internets bei jedem – auch kostenlosen Angebot – registrieren muss. So ist dies etwa beim Besuchen von kostenlosen Bewertungsportalen oder Routenplanern oft gerade nicht der Fall. Der Sternchenhinweis wiederum mag zwar von vielen Internetnutzern nicht zur Kenntnis genommen werden, dies ändert aber ebenso wenig wie der Umstand, dass viele Menschen heutzutage möglicherweise AGB nicht lesen, nichts daran, dass die Angaben zur Entgeltlichkeit in für jeden erkennbarer Form vorhanden sind.

LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 05.03.2009, 5/27 Kls 3330 Js 212484/07 KLs – 12/08 (Volltext als PDF im Blog der Kanzlei Hoenig)

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Sie ist von der Staatsanwaltschaft mit der sofortigen Beschwerde angefochten worden.

Quelle: Pressemitteilung des LG Frankfurt am Main vom 17.03.2009 (PDF)

Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist nichts einzuwenden, „Abzocke“ mag mancher mit Betrug gleichsetzen, juristisch ist es allerdings noch lange kein Betrug. Unabhängig von der Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main, in der es allein um eine strafrechtliche Verantwortlichkeit der Betreiber der Seiten geht, ist die Frage zu betrachten, ob ein zivilrechtlicher Anspruch der Betreiber auf Zahlung durch die Nutzer der Seiten besteht. Unsere Empfehlung bei Forderungen lautet nach wie vor, die Rechnung sowie Mahnschreiben von Seitenbetreibern, von Inkassobüros bzw. Anwälten zu ignorieren. Im Fall, dass Post vom Gericht kommt (z.B. ein Mahnbescheid) besteht Handlungsbedarf, da dann Fristen zu beachten sind. Weitere Informationen zu Vertragsfallen finden sie auf unserer Webseite www.mitfugundrecht.de.

Auch wenn das betreiben von Vertragsfallen nicht strafbar sein mag, so droht von anderer Seite Unbill. Nach einer Entscheidung des OLG Hamm (Beschluss vom 13.10.2008, Az: 31 W 38/08), kann die Bank ein Girokonto fristlos kündigen, wenn darüber die Nutzungsentgelte für Vertragsfallen abgewickelt werden.

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