Steinschlagreparatur scheint ein lukratives Geschäft zu sein. So lukrativ, dass um Marktanteile zu sichern, auch nicht davor gescheut wird, unliebsame Konkurrenz vor den Strafrichter zu zerren. Wahrscheinlich kennt jeder den Radiojingle des Marktführers, wo damit geworben wird, dass Kaskoversicherte einen Steinschlag in der Frontscheibe ihres Fahrzeuges „in der Regel kostenlos“ reparieren lassen können, da die Versicherung zahlt, ohne die Selbstbeteiligung des Versicherten zu verlangen. Ein kompletter Austausch der Scheibe wäre letztlich teurer, so dass die Versicherungen lieber die geringeren Kosten der Beseitigung eines Steinschlages tragen.
Nach Durchsicht der Ermittlungsakte ergab sich, dass die von der Versicherung beauftragten Sachverständigen zumindest in den unseren Mandanten betreffenden Fällen überhaupt nicht festgestellt hatten, dass Reparaturen nicht durchgeführt worden seien. Einmal formulierte ein Sachverständiger, die Reparatur sei „wertlos“, da die Steinschlagstelle eine Rissbildung aufweise. In dem anderen Fall wurde davon ausgegangen, dass die reparierten Stellen wieder aufgebrochen seien, die Reparatur also nicht fachgerecht gewesen sei. Nach den Unterlagen unseres Mandanten, der jede Reparatur mit Fotos dokumentiert hatte, waren diese hingegen fachgerecht durchgeführt worden. Doch selbst wenn man zu dem Ergebnis gelangt wäre, er hätte nicht fachgerecht repariert, also „gepfuscht“, hätte dies allenfalls zivilrechtlich eine Rolle gespielt, ein Betrugsversuch wäre es jedenfalls nicht.
Dieser Standpunkt wurde der Staatsanwaltschaft mitgeteilt und der Einstellung mangels Tatverdachts entgegengesehen. Weit gefehlt. Stattdessen wurde eine abstruse Anklage erhoben, nach der sich unser Mandant nicht nur in den ihn betreffenden Fällen, sondern auch in den Fällen der anderen Lizenznehmer als Mittäter der dortigen angeblichen Betrugsversuche und sogar einer angeblichen Urkundenfälschung strafbar gemacht haben soll. Einer der Versicherungsnehmer hatte nämlich behauptet, der Reparaturauftrag sei nicht von ihm unterschrieben worden. Wir beantragten, die Hauptverhandlung vor dem Strafrichter nicht zu eröffnen und legten nochmals unseren Standpunkt dar. Der zuständige Richter fertigte einen Vermerk und fragte bei der Staatsanwaltschaft nach, ob man sich den nicht mal mit unseren Einwänden beschäftigen wolle. Wollte man nicht, also wurde Termin bestimmt. Wer es haben will bekommt es auch, was allerdings auch für den Richter gilt. Er hätte nicht eröffnen müssen und die Anklage der Staatsanwaltschaft um die Ohren hauen können.
In einer zwei Verhandlungstage umfassenden, in einer für einen Berliner Strafverteidiger ungewohnt angenehmen Atmosphäre durchgeführten Hauptverhandlung, wurden dann erst die Versicherten befragt, die allesamt bestätigten, dass an ihren Fahrzeugen „was gemacht wurde“ und dann die Sachverständigen, die sich am Ende selbst nicht mehr so sicher waren, was genau sie den nun festgestellt haben. Auch die Urkundenfälschung entpuppte sich als Luftnummer. Nur der Sachbearbeiter der Versicherung, der die Anzeige formuliert hatte und auf besonderen Wunsch der Verteidigung ebenfalls geladen wurde, wartete die gesamte Zeit vor dem Sitzungsaal und wurde nicht gehört. Übereinstimmend wurde auf seine Aussage verzichtet. Am Ende der Verhandlung erfolgten dann erwartungsgemäß Freisprüche für alle Angeklagten auf Kosten der Landeskasse. Das hätte man mit einer Einstellung im Ermittlungsverfahren erheblich preiswerter haben können. Das die Brandenburger Landeskasse sich das Geld von der Versicherung wiederholt wäre zwar wünschenswert, ist aber wohl unwahrscheinlich.
So sahen die Reparaturen unseres Mandanten übrigens nicht aus: