Ein Empfänger von Arbeitslosengeld II bekam vom Amt für Arbeit und Soziales die Möglichkeit, sich über eine so genannte Wiedereingliederungsmaßnahme für einen Job in einem Metallbaubetrieb zu empfehlen. Während der Praxiserprobung war er teilweise im Betrieb und teilweise auf einer Montagebaustelle tätig. Dabei leistete er Überstunden, die er von dem Metallbaubetrieb bezahlt verlangte. Das Arbeitsgericht Fulda wies seine Klage ab, auch die Berufung zum Hessischen Landesarbeitsgericht blieb ohne Erfolg.
Aus den Gründen:
Der Kläger war bei der Beklagten im Rahmen einer Eingliederungsleistung nach § 16 Abs. 2 SGB II tätig. Grundlage einer solchen Leistung bzw. Maßnahme ist in der Regel, soweit nicht durch Verwaltungsakt angeordnet, eine Eingliederungsvereinbarung gemäß § 15 Abs. 1, 2 Abs. 1 S. 2 SGB II (Löns/Herold-Tews SGB II § 15 Rz. 5). Die Eingliederungsvereinbarung ist ein das Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungsträger, d.h. der Bundesagentur für Arbeit bzw. dem kommunalen Träger, konkretisierender öffentlichrechtlicher Vertrag. Auf keinen Fall wird ein Vertrag mit dem Unternehmen, in dem die Maßnahme, hier die betriebliche Praxiserprobung, stattfindet, begründet. Das Unternehmen verpflichtet sich lediglich gegenüber der Bundesagentur bzw. dem kommunalen Träger, wie nach § 16 Abs. 3 SGB II, die Vorschriften über den Arbeitsschutz einzuhalten. Daraus folgt, dass durch die Tätigkeit des Klägers im Betrieb der Beklagten keine schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien entstanden sind. Anders als in § 16 Abs. 3 SGB II, der die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (die sog. Ein-Euro-Jobs) regelt, sieht § 16 Abs. 2 SGB II keinerlei Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung gegen den Betrieb, in dem die Maßnahme stattfindet, vor. Der Maßnahmebetrieb geht hier lediglich Verpflichtungen gegenüber dem Leistungsträger, nicht aber gegenüber dem Hilfebedürftigen, ein. Der Hilfebedürftige hat nur gegenüber der Bundesagentur Ansprüche. An diese muss er sich auch wenden, wenn er der Meinung ist, bei einer Maßnahme über Gebühr, über den Maßnahmezweck hinaus beansprucht zu werden.
An dieser Gestaltung der Rechtsbeziehungen ändert sich auch beim Überschreiten einer täglichen Tätigkeitsdauer von acht Stunden nichts. Das Rechtsverhältnis verwandelt sich dann nicht in ein Schuldrechtsverhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Maßnahmebetrieb. Für eine betriebliche Praxiserprobung sind keine festen zeitlichen Grenzen ausdrücklich vorgeschrieben. Ebenso wenig können sie aus dem Charakter der Maßnahme abgeleitet werden. Es ist im Gegenteil eher so, dass zum Erprobungszweck im Rahmen einer Eingliederungsmaßnahme auch gerechnet werden kann, die Belastbarkeit eines Arbeitnehmers beim Anfall von Überstunden zu erproben. Teil des Erprobungszwecks muss grundsätzlich alles sein können, was auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auftreten könnte. Sollte ein Maßnahmebetrieb dabei die gesetzlich zulässigen Höchstgrenzen verletzen, folgt daraus kein Vergütungsanspruch gegenüber dem Betrieb. Entsprechende Anweisungen des Betriebes können jedoch Auswirkungen auf die mit dem Leistungsträger getroffene Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II haben. Geht die Inanspruchnahme des Hilfebedürftigen über die gesetzlichen Höchstgrenzen hinaus, besteht für ihn die Möglichkeit, eine Tätigkeit dieses Umfang zu verweigern, u. U. könnte auch die Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung in Frage gestellt sein (Sonnhoff in juris PK-SGB II § 15 Rz. 101 ff). Arbeitsrechtliche oder sonstige privatrechtliche Beziehungen zum Maßnahmebetrieb, die Grundlage eines Vergütungsanspruchs sein könnten, entstehen dadurch allerdings nicht.
Hessisches LAG, Urteil vom 02.02.2007, AZ: 12 Sa 772/06 (Justiz Hessen)
Vorinstanz: ArbG Fulda, Urteil vom 13.03.2006, AZ: 3 Ca 260/05