Nach einem Motorradunfall entsteht bei der Höhe des zu zahlenden Schadenersatzes für Schutzkleidung und Helm häufig Streit zwischen mit der Versicherung des Unfallgegners. Oft werden nicht die vollen Kosten der Neuanschaffung eines Schutzhelms oder der Schutzbekleidung gezahlt, gern werden Abzüge vorgenommen. Während einige Gerichte diese Abzüge für unzulässig erklärten und den Geschädigten vollen Schadenersatz zusprachen (wir berichteten), entschied das Landgericht Duisburg mit Urteil vom 20.02.2007, AZ: 6 O 434/05, zuungunsten des klagenden Motorradfahrers.
Schadenersatz auf Basis des Neupreises lehnte das Gericht ab. Schutzkleidung nutze sich ab und müsse entsprechend dem Umfang der Nutzung nach entsprechender Zeit ausgetauscht werden. Die Bewertung einer durch einen Verkehrsunfall beschädigten Motorradschutzkleidung richtet sich demnach nach deren Zeitwert. Die Nutzungsdauer von Schutzkleidung beträgt bei einem Motorradhelm fünf Jahre, bei Handschuhen acht Jahre, bei Stiefeln sechs Jahre und bei einem Rückenprotektor zwölf Jahre. Woher das Gericht diese Zahlen hatte, blieb allerdings unklar. Den Zeitwert der Schutzkleidung berechnete das Gericht nach der Formel: Anschaffungspreis am Unfalltag multipliziert mit der Restnutzungsdauer geteilt durch die Nutzungsdauer.
Aus den Gründen:
Kein weiterer Anspruch des Klägers besteht, drittens, wegen der Beschädigung der Schutzbekleidung. Das Gericht hat deren Zeitwert nach § 287 ZPO geschätzt. Selbst wenn die vom Kläger dargelegten Anknüpfungstatsachen auch, soweit sie von den Beklagten bestritten werden, als wahr unterstellt werden und unter Zugrundelegung einer möglichst langen üblichen Nutzungsdauer der Schutzbekleidung – mit der Folge eines hohen Zeitwertes zum Unfallzeitpunkt – ergibt sich ein Schadensersatzanspruch von nur 681 €, der durch die Zahlung der Beklagten zu 3. in Höhe von 700 € bereits vollständig erfüllt ist.
Die Schutzbekleidung ist mit dem Zeitwert anzusetzen. Abgesehen davon, dass es schon nicht zutrifft, dass es keinen Markt für gebrauchte Motorradschutzbekleidung gibt, wovon man sich etwa bei e-bay überzeugen kann, wäre der Neupreis auch dann nicht anzusetzen, wenn es einen solchen Markt nicht gäbe. Motorradschutzkleidung unterliegt einer Abnutzung. Sie kann nur für einen gewissen Zeitraum mit gewisser Intensität genutzt werden. Ist die Schutzbekleidung schon eine Weile genutzt worden, reduziert sich hierdurch die Restnutzungsdauer. Demnach ist zu einem früheren Zeitpunkt eine Ersatzbeschaffung erforderlich, als das bei Fabrik neuer Schutzbekleidung der Fall wäre.
Für den Helm lässt sich Zeitwert von 490 € schätzen. Der Helm kostete nach Angaben des Klägers im Frühjahr 2001 1.200 DM. Dasselbe Modell kostete im Jahre 2003 799 €. Der Neupreis zum Unfallzeitpunkt ist daher auf 700 € zu schätzen. Nimmt man eine Nutzungsdauer von fünf Jahren an, betrug die restliche Nutzungsdauer des Helms zum Unfallzeitpunkt noch 3,5 Jahre. Der Zeitwert ergibt sich dann mit 700 € x 3,5 : 5 = 490 €. Für die Motorradhandschuhe, die nach Angaben des Klägers 1998 200 DM und 2003 140 bis 150 € kosteten, ist von einem Neuwert von 136 € zum Unfallzeitpunkt auszugehen. Bei einer Nutzungsdauer von acht Jahren ergibt sich zum Unfallzeitpunkt ein Zeitwert von 51 €, errechnet aus einer Restnutzungsdauer von drei Jahren. Für die Motorradstiefel ist von einer Nutzungsdauer von 6 Jahren auszugehen. Bei einem Neupreis von 400 DM bzw. 200 € ergibt sich zum Unfallzeitpunkt, rund vier Jahre nach dem Kauf, ein Zeitwert von 66,67 €. Ein Rückenprotektor kann schätzungsweise im Mittel für zwölf Jahre genutzt werden. Beim Neupreis von 129,95 € im Jahre 2003 kann für den Unfallzeitpunkt ein Preis von rund 110 € geschätzt werden. Dann war der gebrauchte Rückenprotektor des Klägers zum Unfallzeitpunkt noch 73,33 € wert.
Landgericht Duisburg, Urteil vom 20.02.2007, AZ: 6 O 434/05