Ein schneller Klick zuviel – Vertragsfallen im Internet


(c) Pauline / Pixelio

Pauline/Pixelio

Berechnen Sie Ihre Lebenserwartung, verschicken Sie 100 Frei-SMS, befragen Sie die Sterne! Auf zahlreichen Internetseiten werden diese „Dienstleistungen“ zumeist im Zusammenhang mit Gewinnspielen angeboten. Aber nicht kostenlos. Der „Service“ schlägt mit 7 € pro Monat bei 24 Monaten Laufzeit oder auch schon mal mit 60 € für eine Abfrage zu Buche. Hierauf wird im sog. „Kleingedruckten“ hingewiesen.

Die Seiten sind unterschiedlich gestaltet. Gemein ist allen Angeboten, dass nicht ohne weiteres erkennbar ist, dass diese kostenpflichtig sind. Ganz am Ende der Seiten, in unscheinbar gestalteten Fußnoten, findet sich ein Hinweis, dass man mit der Anmeldung einen kostenpflichtigen Vertrag abschließt. Auch innerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die man mit einem Klick als zur Kenntnis genommen annimmt, finden sich die Vertragsmodalitäten.

Hier zwei Beispiele, wo unterhalb der Anmeldemaske in einer Fußnote auf die Kosten hingewiesen wird:

* Nur richtig angegebene Daten nehmen an unserem Gewinnspiel teil. Um Missbrauch und wissentliche Falscheingaben zu vermeiden, wird Ihre IP-Adresse (…) bei der Teilnahme gespeichert. Anhand dieser Adresse sind Sie über Ihren Provider: (…) identifizierbar. Durch Betätigung des Button „(…) starten“ beauftrage ich (…).de, mich für den Zugang zur (…).de – Datenbank freizuschalten. Der einmalige Preis für einen 12-Monats-Zugang zu unserer Datenbank beträgt 60 € inkl. gesetzlicher Mehrwertssteuer.

oder

Durch Ausfüllen und Absenden des Anmeldeformulars nehmen Sie die Möglichkeit (…) Test zu machen. (…).net wertet ihren Test in Echtzeit aus und stellt Ihnen Daten und Fakten rund um das Thema (…) zur Verfügung. Unsere Kundeninformationen finden Sie hier. Nach Anmeldung bei (…).net beauftragen Sie (…).net für Sie den Test bereitzustellen sowie ein Zertifikat auszustellen. Für den (…).net Service zahlen Sie einmalig 59.00 Euro.

Viele Besucher der entsprechenden Seiten übersehen dies und wundern sich, wenn ihnen eine Rechnung zugesandt wird. Wenn dann noch ein anwaltliches Mahnschreiben eintrifft, zu dem Rechnungsbetrag die Anwaltsgebühren hinzukommen und gerichtliche Schritte angedroht werden, stellt sich die Frage, was tun?

Zunächst einmal sollte man einen kühlen Kopf bewahren und nicht sofort einen erbosten Brief schreiben in welchem man vielleicht sogar noch einräumt, die Seite besucht, aber den Hinweis auf die Kostenpflicht übersehen zu haben. Dies empfiehlt bspw. die Verbraucherzentrale Berlin und hält einen entsprechenden Musterbrief bereit. Einen Vertragsschluss muss immer noch der Seitenbetreiber beweisen, daher vergibt man sich mit einem solchen Schreiben für den unwahrscheinlichen Fall, dass die Forderung gerichtlich geltend gemacht wird, wichtige Einwände.

Verträge können in der Regel formfrei, schriftlich oder mündlich geschlossen werden. Im Internet können Verträge auch durch Anklicken von Buttons zustande kommen. Der Seitenbetreiber muss zum einen nachweisen, dass der Vertrag genau mit der Person zustande gekommen ist, deren Daten bei der Anmeldung angegeben wurden. Da persönliche Daten u.a. im Netz frei verfügbar sind (Webseiten, Foren etc.) kann sich im Prinzip jeder unter Benutzung falscher Daten angemeldet haben. Auch die gespeicherte IP-Adresse lässt lediglich den Rückschluss auf die Person des Anschlussinhabers zu. Darüber hinaus besteht nur gegenüber Ermittlungsbehörden eine Pflicht des Providers, die Anschlussinhaberdaten mitzuteilen. Ein Rückschluss auf die Identität des Anmelders ist aber auch mit den Anschlussinhaberdaten nicht möglich, wenn z.B. der PC von mehreren Personen benutzt wird.

Weitere Voraussetzung ist, dass der Anmelder die Erklärung auf der Internetseite als Vertragsangebot verstehen muss und nicht lediglich als unverbindliches Gratis-Angebot. Der Seitenbetreiber muss daher nachweisen, dass der Vertrag zu den von ihm vorgegebenen Konditionen zustande gekommen ist. Der Preis ist einer der wesentlichsten Vertragsbestandteile. Es genügt daher nicht, auf die Kostenpflichtigkeit an irgendeiner unscheinbaren Stelle hinzuweisen. Beim Anmeldeprozess muss über die Kostenpflicht deutlich sichtbar informiert werden. Ein Hinweis weit unterhalb des Anmeldeformulars oder innerhalb Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die erst mit einem Klick aufgerufen werden müssen, reicht daher nicht aus.

Unsere Empfehlung in derartigen Fällen lautet, die Rechnung sowie Mahnschreiben vom Seitenbetreiber, von Inkassobüros bzw. Anwälten zu ignorieren. Im unwahrscheinlichen Fall, dass Post vom Gericht kommt (z.B. ein Mahnbescheid) besteht Handlungsbedarf, da dann Fristen zu beachten sind. Auch Drohungen der Seitenbetreiber mit Strafanzeigen wegen Betruges sind oftmals Mittel der Wahl, um Betroffene zur „freiwilligen“ Zahlung zu bewegen. Für den Fall, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, sollte ein Strafverteidiger zu Rate gezogen werden, da Kenntnisse im Internetrecht oftmals nicht zu den Stärken der Ermittlungsbehörden zählen (siehe dazu die Mitteilung der Staatsanwaltschaft Coburg – pdf – an den mit der Forderungseinzug eines Seitenbetreibers beauftragten Rechtsanwalt).

Aktuell hat das Amtsgericht München mit Urteil vom 16.01.07, Az: 161 C 23695/06, die Zahlungsklage eines Seitenbetreibers abgewiesen, da nach Auffassung des Gerichts der Hinweis auf die Zahlungspflicht auf der Internetseite nicht hinreichend deutlich erkennbar war.

Quellen und weiterführende Informationen zum Thema „Internet-Fallen“
Liste von Seiten mit „Abo-Fallen“ auf www.verbraucherrechtliches.de
FAQ zu „Abo-Fallen“ auf www.verbraucherrechtliches.de
Archiv für die Kategorie „Internet-Vertragsfallen“ auf www.verbraucherrechtliches.de
Informationen zu „Internet-Abos“ im Forum computerbetrug.de
Internet-Magazin – „Haifischbecken Internet“
Erläuterungen zu den auf www.forderungseinzug.de veröffentlichten „Erfolgen“ durch www.lawblog.de
Textbaustein Abo-Falle & Vertrag mit Minderjährigen im Weblawg Sascha Kremer

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