Nach den Entscheidungen des OLG Brandenburg (Urteil vom 10.7.2007, Az.: 6 U 12/07), welches einen erheblichen Wettbewerbsverstoß aufgrund der fehlenden Namensnennung in einem Geschäftsbrief verneint hatte, und des Kammergerichts (Beschluss vom 13.2.2007, Az: 5 W 34/07), das die Erheblichkeitsgrenze des § 3 UWG beim fehlenden Vornamen innerhalb des Impressums hingegen bejaht hatte, folgt nun eine schon etwas ältere Entscheidung des OLG Koblenz vom 25.04.2006, Az: 4 U 1587/05, um darzustellen, wie unterschiedlich Verstöße gegen Informationspflichten seitens der Obergerichte bewertet werden können.
Das Landgericht Trier hat der Klage wegen der beanstandeten Telefonwerbung stattgegeben und im Übrigen abgewiesen. Zwar habe die Beklagte durch die Nichtangabe der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde auf ihrer Internetseite gegen § 6 S. 1 Nr. 3 TDG verstoßen. Diese Vorschrift enthalte jedoch – anders als § 6 S. 1 Nr. 1, Nr. 4 und Nr. 6 TDG – keine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Es fehle an Anhaltspunkten dafür, dass sich die Beklagte durch das Unterlassen dieser Angabe in die Anonymität des Internets flüchten und sich dadurch einen Vorteil gegenüber Mitbewerbern habe verschaffen wollen. Die Zuständigkeit der Gemeindeverwaltungen zur Genehmigung und Überwachung nach § 34c GewO im Land Rheinland-Pfalz sei allgemein bekannt. Im Hinblick darauf sei der Verstoß der Beklagten jedenfalls nicht geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen.
Die dagegen eingelegte Berufung blieb beim OLG Koblenz ohne Erfolg, da nach Ansicht des OLG eine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG wegen Nichtbeachtung der Informationspflicht gemäß § 6 S. 1 Nr. 3 TDG zwar vorliege, die Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG jedoch nicht überschritten sei, es sei ohne das Hinzutreten weiterer besonderer Umstände von einem Bagatellverstoß auszugehen. Durch die fehlende Angabe seien insbesondere hochrangige Rechtsgüter der Verbraucher nicht betroffen.
Aus den Gründen:
Es ist nicht Aufgabe des Wettbewerbsrechts, alle nur denkbaren Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit Wettbewerbshandlungen auch wettbewerbsrechtlich zu sanktionieren. Vielmehr liegt der eigentliche Zweck des UWG darin, das Marktverhalten der Unternehmen im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Mitbewerber und der Verbraucher und damit zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb zu regeln. Demgemäss ist der Tatbestand des § 4 Nr. 11 UWG so gefasst, dass nicht jede Wettbewerbshandlung, die auf dem Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift beruht und Auswirkungen auf den Wettbewerb haben kann, unlauter ist. Vielmehr knüpft die Bestimmung an Marktverhaltensregelungen an. Das Marktverhalten der Unternehmer wird nicht nur durch spezielle wettbewerbsrechtliche Verhaltensanforderungen, sondern auch durch eine Vielzahl außerwettbewerbsrechtlicher Normen geregelt. Zum Schutz der Verbraucher, der Mitbewerber und der sonstigen Marktbeteiligten sanktioniert § 4 Nr. 11 UWG Verstöße gegen solche außerwettbewerbsrechtlichen Marktverhaltensregelungen.
Solche außerwettbewerbsrechtlichen Vorschriften müssen zumindest auch dazu bestimmt sein, im Interesse der Marktteilnehmer, zu denen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG unter anderem Mitbewerber und Verbraucher zählen, das Marktverhalten zu regeln. Ob ein solcher Normzweck vorliegt, ist durch Auslegung der Norm zu ermitteln. Regelungen des Marktverhaltens enthält § 6 S. 1 TDG – auch die hier in Rede stehende Nr. 3. § 6 TDG hat verbraucherschützenden Charakter und will für gleiche Wettbewerbsbedingungen sorgen. Zum einen sollen dem Verbraucher ohne weitere Recherchen die Kenntnis seines Vertragspartners sowie Reklamationen und Klagezustellungen unproblematisch ermöglicht werden. Zum anderen sollen die Mitbewerber durch die Einhaltung der Anforderungen des § 6 S. 1 TDG insofern geschützt werden, als der Internetauftritt von Diensteanbietern bei allen Mitbewerbern den gleichen Voraussetzungen und Regeln unterliegen soll. Ein Mitbewerber, der die Pflicht zur Anbieterkennzeichnung nach § 6 S. 1 TDG nicht hinreichend beachtet, kann hierdurch einen Vorsprung im Wettbewerb erzielen, weil es für die Verbraucher schwieriger ist, dem normverstoßenden Anbieter gegenüber Ansprüche durchzusetzen. Die Funktion des TDG, die Gegebenheiten eines bestimmten Markts festzulegen und gleiche Voraussetzungen für die auf diesem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen, ergibt sich auch aus § 1 TDG, wonach der Zweck dieses Gesetzes darin besteht, einheitliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen im Internet zu schaffen
Dem Verbraucherschutz dient auch die Pflicht zur Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde im Sinne von § 6 S. 1 Nr. 3 TDG. Neben den in § 6 S. 1 Nr. 1, 4, 6 TDG aufgeführten Informationen zu Name, Anschrift und Vertretungsberechtigten, Registereintrag und Umsatzsteueridentifikationsnummer, die für den Schutz von Verbrauchern und Geschäftspartnern zur Durchsetzung von Ansprüchen im Streitfall wichtig sind, hat für den Verbraucher auch die Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde Bedeutung. Denn dadurch wird er in die Lage versetzt, sich bei dieser Behörde danach zu erkundigen, ob dem Telediensteanbieter überhaupt die erforderliche behördliche Genehmigung für seine Tätigkeit erteilt worden ist und noch Bestand hat. Nach § 34c Abs. 1 GewO bedürfen die von der Beklagten ausgeübten Tätigkeiten – Vermittlung von Immobilien, Finanzierungen, Kapitalanlagen – der behördlichen Erlaubnis. Im Rahmen der Erlaubniserteilung prüft die zuständige Behörde, ob der Gewerbetreibende die erforderliche Zuverlässigkeit für das betreffende Gewerbe besitzt. Die Benennung dieser Behörde ermöglicht es dem Verbraucher, dort nachzufragen, ob der Telediensteanbieter eine Erlaubnis für die von ihm angebotenen Leistungen erhalten und ob er sich nachträglich als unzuverlässig erwiesen hat. Ein Verstoß gegen § 6 S. 1 Nr. 3 TDG entfällt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht deshalb, weil es eine Aufsichtsbehörde für Makler nicht gibt. Richtig ist, dass § 34c Abs. 1 Nr. 1 GewO die Genehmigungsbedürftigkeit der Maklertätigkeit regelt. Die für die Erteilung der Gewerbeerlaubnis zuständige Behörde ist jedoch als Aufsichtsbehörde im Sinne von § 6 S. 1 Nr. 3 TDG anzusehen, weil sich ihre Tätigkeit nicht nur auf die einmalige Erlaubniserteilung beschränkt, sondern sie auch nachträglich prüfen muss, ob ein Widerruf der Gewerbeerlaubnis wegen Wegfalls der für die Erteilung erforderlichen Voraussetzungen oder eine Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit gemäß § 35 GewO geboten ist.
Allerdings ist die Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG hier nicht überschritten.Mit der Formulierung „zum Nachteil“ bringt § 3 UWG zum Ausdruck, dass die Lauterkeit im Wettbewerb nicht um ihrer selbst willen geschützt wird, sondern nur insoweit, als die Wettbewerbsmaßnahmen tatsächlich geeignet sind, zu einer Beeinträchtigung geschützter Interessen der Marktteilnehmer zu führen. Die Verfälschung des Wettbewerbs muss darüber hinaus „nicht unerheblich“ sein. Damit soll zum Ausdruck kommen, dass die Wettbewerbsmaßnahme von einem gewissen Gewicht für das Wettbewerbsgeschehen und die Interessen der geschützten Personenkreise sein muss. Die Verfolgung von Bagatellfällen, an deren Verfolgung kein schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit besteht, soll ausgeschlossen. Die Feststellung, ob ein Wettbewerbsverstoß geeignet ist, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu verfälschen, setzt eine nach objektiven und subjektiven Momenten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu treffende Wertung voraus. In diese sind neben der Art und Schwere des Verstoßes die zu erwartenden Auswirkungen auf den Wettbewerb sowie der Schutzzweck des Wettbewerbsrechts einzubeziehen. Eine nicht nur unerhebliche Verfälschung kann auch bei Verstößen mit nur geringen Auswirkungen auf den Marktteilnehmer im Einzelfall vorliegen, wenn durch das Verhalten eine Vielzahl von Marktteilnehmern betroffen ist oder eine nicht unerhebliche Nachahmungsgefahr besteht. Eine Eignung zur nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs zum Nachteil der betroffenen Mitbewerber ist dann anzunehmen, wenn ihre Marktchancen durch die unlautere Wettbewerbshandlung spürbar beeinträchtigt sein können. Das hängt auch von der Größe eines erzielten Wettbewerbsvorsprungs ab. Es reicht nicht aus, dass der Verstoß lediglich geeignet ist, irgendeinen geringfügigen Wettbewerbsvorsprung zu begründen. Von Bedeutung sind dabei die jeweiligen Marktverhältnisse, wie die Größe des Unternehmens und die Zahl der Mitbewerber auf dem Markt sowie die Art, Schwere, Häufigkeit oder Dauer des Wettbewerbsverstoßes.
Da die Eignung zur Wettbewerbsbeeinträchtigung neben der Unlauterkeit der Wettbewerbshandlung ein weiteres Tatbestandsmerkmal des Wettbewerbsverstoßes darstellt, hat der Verletzte die Tatsachen darzulegen und im Streitfall zu beweisen, aus denen sich ergibt, dass die beanstandete Wettbewerbshandlung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Dies hat der Kläger nicht getan, er hat nur pauschal behauptet, er werde durch die unlauteren Wettbewerbshandlungen der Beklagten unmittelbar verletzt, weil er in seinem Absatz behindert werden könne. Indes hat er nicht dargetan, dass gerade der Verstoß gegen die Angabenpflicht nach § 6 S. 1 Nr. 3 TDG seine Marktchancen oder die anderer Mitbewerber spürbar beeinträchtigen kann.
In Bezug auf die Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer ist darauf abzustellen, ob ihre Informationsinteressen, ihre Entscheidungsfreiheit und ihre sonstigen durch das Gesetz geschützten Interessen spürbar beeinträchtigt sein können. Auch bezüglich der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer ist das Ausmaß der Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfreiheit oder sonstigen Interessen maßgebend. Das hängt ebenfalls von Art, Schwere, Häufigkeit oder Dauer des Verstoßes ab. Von der Erheblichkeit der Wettbewerbsbeeinträchtigung zum Nachteil der Verbraucher ist regelmäßig auszugehen, wenn Rechtsgüter von besonders hohem Rang, wie etwa die Gesundheit, betroffen sind. Hier geht es nicht um derart hochrangige Rechtsgüter der Verbraucher. Diese haben zwar, wie bereits ausgeführt, ein Interesse daran, Kenntnis von der zuständigen Aufsichtsbehörde zu erlangen, um die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nachvollziehen zu können. Diese Kenntnis kann aber auch ohne Schwierigkeiten auf anderem Weg erlangt werden, zumal die Zuständigkeit der Gemeindeverwaltungen zur Erteilung der Erlaubnis nach § 34c GewO in Rheinland-Pfalz weithin bekannt ist. Hingegen können die Informationen zu Name und Anschrift, Handelsregistereintrag und Umsatzsteuer ohne Angabe im Impressum kaum erlangt werden. Mit Blick darauf kann eine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung zum Nachteil der Verbraucher durch das Fehlen der Angabe zur Aufsichtsbehörde nicht ohne weiteres angenommen werden. Vielmehr hätte der Kläger dazu nähere Angaben machen müssen. Daran mangelt es.