Ein Autoinhaber bot im Internet seinen knapp ein Jahr alten VW Golf zum Kauf an. Hierauf meldete sich ein vermeintlicher Käufer, der natürlich eine Probefahrt machen wollte. Der Golfinhaber fuhr vereinbarungsgemäß mit dem vom potentiellen Käufer überlassenen Mercedes hinter seinem Fahrzeug her. Im Golf befanden sich dessen Fahrzeugbrief und die Reserveschlüssel. Aufgrund der rasanten Fahrweise des Interessenten verlor der Golfinhaber den Anschluss an seinen Wagen – und irgendwann war der samt dem Interessenten verschwunden.
Das Landgericht Coburg gab der beklagten Versicherung Recht, die Klage wurde abgewiesen. Die Fahrzeugversicherung greife nur bei Entwendung ein, also bei Diebstahl. Nicht unter den Kaskoschutz falle, wenn der Täter sich des Fahrzeugs durch Täuschung des Eigentümers bemächtigt. Dann liege keine Entwendung vor. Abgesehen hiervon habe sich der Kläger im Rahmen der Verkaufsverhandlungen grob fahrlässig verhalten. Er habe dem ihm bis dahin unbekannten Interessenten den Golf – noch dazu samt Papieren und Ersatzschlüssel – anvertraut, ohne sich abzusichern. Er hätte beispielsweise ohne Weiteres an der Probefahrt teilnehmen können. Auch infolge dieses nicht entschuldbaren Fehlverhaltens des Versicherten sei die Versicherung nicht zum Ausgleich verpflichtet.
Aus den Gründen:
§ 12 Abs.1 I b AKB schützt den Versicherungsnehmer vor einer „Entwendung“ durch Diebstahl. Darunter versteht die Rechtssprache nichts anderes als die Alltagssprache, den Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams. Der Täter hatte durch die Überlassung des Fahrzeugs im öffentlichen Strassenverkehr jederzeit die Möglichkeit frei über das Fahrzeug zu verfügen, ohne dass der Kläger hier noch eine Eingriffsmöglichkeit gehabt hätte. Daher begründet die Überlassung eines höherwertigen Pkw an einen völlig Unbekannten unter Übergabe auch noch sämtlicher Fahrzeugpapiere und Schlüssel im Rahmen eines Gebrauchtwagenkaufs ein grob fahrlässiges Verhalten.
Urteil des Landgerichts Coburg vom 29.5.2007, Az: 11 O 70/07; rechtskräftig
Quelle: Pressemitteilung des Landgericht Coburg vom 20.07.2007