0,017 g – Darf’s ein bisschen weniger sein? Oder: Wie viel oder wie wenig Betäubungsmittel bedarf es für ein Strafverfahren?


Ein vorweihnachtlicher Gastbeitrag unseres Kooperationspartners Rechtsanwalt Dr. Carsten Pagels aus Torgau:

Mein Mandant erleidet in einem Ermittlungsverfahren, in dem es nicht im Betäubungsmittel, sondern um schnöde Gewaltkriminalität ging, eine Hausdurchsuchung. Gut, nach fünf Verhandlungstagen wurde er in dieser anderen Sache dann (zwischenzeitlich rechtskräftig) frei gesprochen. Bei der Hausdurchsuchung fand man bei ihm allerdings als Zufallsfund riesenhafte Mengen von Drogen, und zwar:

Erstens: Sage und schreibe 0,56 Gramm Marihuana. Eine Irrsinnsmenge. Ich würde den Marktwert grob auf etwa 3 Euro einschätzen. Und dann zweitens: Der Granatenfund: In einer Tüte fand man Methamphetamin, in der Szene besser bekannt als Crystal. Ich will es nicht schönreden: Crystal ist eine wirklich üble synthetische Droge. Recht billig herzustellen, hammerhart und den Körper zerstörend. Im zweiten Weltkrieg galt es als Arzneimittel (Handelsname „Pervitin“). Panzerfahrer und Stuka-Piloten erhielten es, damit sie unter Ausschaltung der natürlichen menschlichen Schutzinstinkte (Angstgefühl etc.) kämpfen. Seit 1941 unterfällt es dem ROpG (Reichsopiumgesetz, jetzt: BtmG). Heutzutage stammt es meist aus tschechischen Hinterhof-Giftküchen und ist obendrein auch noch meist mit diffusen – unter Umständen wiederum sehr gefährlichen und giftigen – Stoffen gestreckt. Nun aber zur gefundenen Menge: 0,017. In Worten: Null-komma-null-eins-sieben. Nicht Kilogramm, sondern Gramm. Also 17 Milligramm. Mit anderen Worten: In der leeren Tüte waren geringste, mit dem Auge kaum feststellbare Spuren-Rückstände von Crystal. In der leeren Tüte war also früher mal irgendwann einmal Crystal drin. 0,017 Gramm, das entspricht in etwa dem Gewicht eines Sandkörnchens am schönen Strand von Binz auf Rügen. Natürlich, beides wird angeklagt, tateinheitlicher Besitz ist der Vorwurf. Es wird eine sicher sehr interessante Hauptverhandlung. Klugerweise hat der Mandant bei der Hausdurchsuchung bei den üblichen Fragen („Was ist denn das? Wo kommt das her?“) den Mund gehalten keine Angaben zur Sache gemacht („Ich sage nix“). Dankbar zu verteidigen.

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