BGH – Wann handelt ein Unternehmer als Verbraucher und wann nicht?


Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat ein wichtige Frage entschieden, nämlich unter welchen Voraussetzungen jemand, der nicht nur als Verbraucher, sondern auch als selbständiger Freiberufler am Rechtsverkehr teilnimmt als Verbraucher im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches anzusehen ist.
Die Klägerin, eine Rechtsanwältin, bestellte über die Internetseite eines Händlers unter anderem drei Lampen zu einem Gesamtpreis von 766 €. Als Liefer- und Rechnungsadresse gab sie ihren Namen, allerdings ohne Berufsbezeichnung, und die Anschrift einer Rechtsanwaltskanzlei an, bei der sie tätig war. Die Klägerin erklärte nach Lieferung den Widerruf ihrer Vertragserklärung mit der Begründung, dass die Lampen für ihre Privatwohnung bestimmt gewesen seien und ihr deshalb ein Widerrufsrecht nach den Vorschriften über Fernabsatzgeschäfte (§ 355 Abs. 1, § 312d Abs. 1, § 312b Abs. 1) zustehe, über das sie vom Händler nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei.

Mit ihrer Klage verlangte sie unter anderem die Rückzahlung des Kaufpreises von 766 €. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht als Verbraucherin gehandelt habe und ihr daher ein Widerrufsrecht nach den fernabsatzrechtlichen Vorschriften nicht zustehe.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebte, hatte Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine natürliche Person, die – wie die Klägerin – sowohl als Verbraucher (§ 13 BGB) als auch in ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Unternehmer (§ 14 BGB) am Rechtsverkehr teilnimmt, im konkreten rechtsgeschäftlichen Handeln lediglich dann nicht als Verbraucher anzusehen ist, wenn dieses Handeln eindeutig und zweifelsfrei ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn das in Rede stehende Rechtsgeschäft objektiv in Ausübung der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit der natürlichen Person abgeschlossen wird (§ 14 BGB). Darüber hinaus ist rechtsgeschäftliches Handeln nur dann der unternehmerischen Tätigkeit der natürlichen Person zuzuordnen, wenn sie dies ihrem Vertragspartner durch ihr Verhalten unter den konkreten Umständen des Einzelfalls zweifelsfrei zu erkennen gegeben hat.

Nach diesen Kriterien war die Klägerin im entschiedenen Fall bei der Bestellung der Lampen als Verbraucherin tätig geworden. Nach den in den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen hatte die Klägerin die Lampen für ihre Privatwohnung gekauft. Konkrete Umstände, aus denen der Händler zweifelsfrei hätte schließen können, dass der Lampenkauf der freiberuflichen Sphäre der Klägerin zuzurechnen sei, lagen nicht vor. Insbesondere konnte der Händler aus der Angabe der Kanzleianschrift als Liefer- und Rechnungsadresse nichts Eindeutiges für ein Handeln zu freiberuflichen Zwecken herleiten, da hieraus nicht deutlich wurde, dass die Klägerin in der Kanzlei als Rechtsanwältin – und nicht etwa als Kanzleiangestellte – tätig war.

BGH, Urteil vom 30. September 2009 – VIII ZR 7/09
Vorinstanzen: AG Hamburg-Wandsbek – Urteil vom 13. Juni 2008 – 716A C 11/08 ./. LG Hamburg – Urteil vom 16. Dezember 2008- 309 S 96/08

Quelle: Pressemitteilung Nr. 200/2009 vom 30.09.2009

Das OLG Koblenz (Beschluss vom 30.07.2008, Az: 5 U 397/08) sah hingegen bei einem Kauf über eBay kein Widerrufsrecht, da in dem entschiedenen Fall als Mitglied eine GmbH angemeldet war und der Vertrag nach Ansicht des Gerichts immer mit dem angemeldeten Nutzer zu Stande komme. Die Aussage des OLG Koblenz, dass Verträge nur zwischen den unter ihrem Namen handelnden eBay-Mitgliedern zustande kommen, lässt sich allerdings nicht auf alle Fallgestaltungen und auch nicht auf die hier vom BGH entschiedene übertragen.

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