Vertragsfallen im Internet – „Ankündigung gerichtliches Klageverfahren“


Unter diesem Betreff erhielten in den letzten Wochen massenhaft Internetnutzer Mahnungen von der für die Online Content Ltd. und Online Service Ltd. tätigen Rechtsanwältin Katja G. aus München. Bei den Firmen handelt es sich um Anbieter verschiedener Dienstleistungen im Internet, z.B. lebenstest.de, iqfieber.de, berufs-wahl.de oder routenplaner-server.com. Gemein ist allen Angeboten, dass nicht ohne weiteres erkennbar ist, dass diese kostenpflichtig sind.
Wie bereits hier und anderen Seiten dargestellt, haben die Dienstanbieter keinen wirksam durchsetzbaren Anspruch gegen einen Anmelder. Daran ändert auch das von Rechtsanwältin G. aktuell angeführte Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden nichts, welches nach Auffassung von Rechtsanwältin G. angeblich belegen soll, dass dem Dienstanbieter „nicht vorgeworfen werden kann, er hätte die Kostenpflicht der Nutzung der betreffenden Internetseite durch eine irreführende Gestaltung der Seite verschleiert.“

Das Urteil des AG Wiesbaden ist für einen Laien nur schwer verständlich. Entweder hat Rechtsanwältin Katja G. das Urteil des AG Wiesbaden auch nicht verstanden, oder aber sie spekuliert darauf, dass Empfänger ihrer Schreiben verunsichert sind und zahlen. Das AG Wiesbaden ist in seinem Urteil entgegen der Auffassung der Rechtsanwältin überhaupt nicht darauf eingegangen, ob tatsächlich wirksam ein Vertrag zustande gekommen ist oder nicht. Ausdrücklich führt das Gericht aus, dass dies im konkreten Fall dahin stehen kann. Es war für die Entscheidung des AG Wiesbaden nicht von Bedeutung und dem Gericht also egal. Das AG Wiesbaden hatte sich lediglich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Internetnutzer, der sich mit Hilfe eines Anwalts gegen die vermeintlichen Forderungen eines Dienstanbieters zur Wehr setzt, seine Anwaltskosten vom Anbieter ersetzt verlangen kann. Dies hat das AG Wiesbaden unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (VI ZR 224/05) verneint, da dem Dienstanbieter kein betrügerisches Handeln nachgewiesen werden konnte.

Das Amtsgericht Wiesbaden hat auf Grund zahlreicher Anfragen eine Pressemitteilung herausgegeben und nochmals klargestellt, dass in diesem Urteil mit keinem Wort darauf eingegangen, ob tatsächlich wirksam ein Vertrag zustande gekommen ist, vielmehr ausdrücklich ausgeführt wurde, dass dies im konkreten Fall dahin stehen kann. Das Urteil mache keinerlei Aussagen zur Wirksamkeit eines möglichen Vertrages zwischen dem Internetnutzer und dem Online-Dienst.

Unsere Empfehlung bei Forderungen sog. Vertragsfallen lautet nach wie vor, die Rechnung sowie Mahnschreiben von Seitenbetreibern, von Inkassobüros bzw. Anwälten zu ignorieren. Im unwahrscheinlichen Fall, dass Post vom Gericht kommt (z.B. ein Mahnbescheid) besteht Handlungsbedarf, da dann Fristen zu beachten sind. Auch Drohungen der Seitenbetreiber mit Strafanzeigen wegen Betruges sind oftmals Mittel der Wahl, um Betroffene zur „freiwilligen“ Zahlung zu bewegen. Für den Fall, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, sollte ein Strafverteidiger zu Rate gezogen werden.

AG Wiesbaden, Urteil vom 04.08.2008, Az: 93 C 619/08 – 41 (PDF)

Quellen:
Pressemitteilung des AG Wiesbaden vom 15.09.2008 (PDF)
heise.de vom 19.09.2008: Abofallen-Betreiber werden dreister
Akte 08/37 auf YouTube zu Rechtsanwältin G.
Akte 08/39 auf YouTube zu Rechtsanwältin G.

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