EuGH – Müssen Firmen vor Vertragsschluss im Internet zwingend ihre Telefonnummer angeben?


Der Bundesverband, ein deutscher Verband von Verbraucherverbänden, meinte, dass die DIV, eine Kraftfahrzeugversicherungsgesellschaft, die ihre Dienste ausschließlich über das Internet anbietet, verpflichtet sei, im Rahmen ihres Internetauftritts auch ihre Telefonnummer anzugeben. Nur dadurch sei nämlich eine unmittelbare Kommunikation zwischen einem Interessenten und dieser Versicherungsgesellschaft gewährleistet. Die DIV gibt auf ihren Internetseiten nur ihre Postanschrift und ihre E-Mail-Adresse an, nicht aber ihre Telefonnummer. Diese wird erst nach Abschluss eines Versicherungsvertrags mitgeteilt.
Personen, die an den Diensten der DIV interessiert sind, könne ihr über eine Internet-Anfragemaske Fragen stellen; die Antworten darauf werden per E-Mail versandt. Der Bundesverband erhob beim Landgericht Dortmund Klage gegen die DIV mit dem Antrag, diese zu verurteilen, es zu unterlassen, Verbrauchern im Internet Angebote von Versicherungsleistungen zu unterbreiten, ohne ihnen die unmittelbare Kommunikation mit dieser Versicherungsgesellschaft per Telefon zu ermöglichen.

Das Landgericht Dortmund gab der Klage des Bundesverbands statt. Das Berufungsgericht hingegen wies sie ab. Dieses Gericht war der Auffassung, die Angabe einer Telefonnummer sei nicht zwingend erforderlich, um eine unmittelbare Kommunikation zwischen dem Interessenten und dem Diensteanbieter zu ermöglichen. Eine solche Kommunikation könne nämlich über die elektronische Anfragemaske gewährleistet werden, da in die Kommunikation zwischen dem Interessenten und der DIV kein selbständig tätiger Dritter zwischengeschaltet sei. Da die DIV Anfragen von Verbrauchern innerhalb von 30 bis 60 Minuten beantworte, sei zudem auch das Erfordernis einer schnellen Kommunikation gewährleistet. Der Bundesverband legte Revision beim Bundesgerichtshof ein, um die Verurteilung der DIV zu erreichen.

Der Bundesgerichtshof meint, dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie zwar seinem Wortlaut nach nicht die Angabe einer Telefonnummer verlange, dass eine solche Angabe aber nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift erforderlich sein könnte. Andererseits würde die Notwendigkeit, telefonische Anfragen von Interessenten zu beantworten, die DIV zwingen, ihr Geschäftskonzept einer Kundenakquisition ausschließlich über das Internet zu ändern. Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Mit Urteil vom 16.10.2008 – C-298/07 – hat der Europäische Gerichtshof für Recht erkannt:

„Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) ist dahin auszulegen, dass der Diensteanbieter verpflichtet ist, den Nutzern des Dienstes vor Vertragsschluss mit ihnen neben seiner Adresse der elektronischen Post weitere Informationen zur Verfügung zu stellen, die eine schnelle Kontaktaufnahme und eine unmittelbare und effiziente Kommunikation ermöglichen. Diese Informationen müssen nicht zwingend eine Telefonnummer umfassen. Sie können eine elektronische Anfragemaske betreffen, über die sich die Nutzer des Dienstes im Internet an den Diensteanbieter wenden können, woraufhin dieser mit elektronischer Post antwortet; anders verhält es sich jedoch in Situationen, in denen ein Nutzer des Dienstes nach elektronischer Kontaktaufnahme mit dem Diensteanbieter keinen Zugang zum elektronischen Netz hat und diesen um Zugang zu einem anderen, nichtelektronischen Kommunikationsweg ersucht.“

Die Angabe eines Kontaktformulars reicht nach Ansicht des Gerichts aus, wenn der Dienstanbieter innerhalb angemessener Frist Kundenanfragen beantworten kann, andernfalls ist neben der Adresse der elektronischen Post ein weiter schneller, unmittelbarer und effizienter Kommunikationsweg zur Verfügung zu stellen. Es stehe nach Auffassung des Gerichts fest, dass eine telefonische Kommunikation als eine solche unmittelbare und effiziente Kommunikation angesehen werden kann. Es könne aber auch eine andere Art gewählt werden. Also eine „eindeutig“ beantwortete Vorlagefrage.

EuGH, Urteil vom 16.10.2008 – C-298/07 (Volltext)

, ,