Bundesrat will Steuergelder sparen und „Missbrauch“ der Beratungshilfe vorbeugen


Der Bundesrat hat einen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Beratungshilferechts beschlossen. Damit soll nach offizieller Pressemitteilung des Bundesrates das Institut der außergerichtlichen Beratungshilfe reformiert werden. Im Ergebnis wird der für einkommensschwache Bevölkerungsschichten erleichterte Zugang zu qualifizierter Rechtsberatung erschwert werden. Die Kosten der Beratungshilfe, die von den Ländern getragen werden, waren 2004 sprunghaft angestiegen. Mit der Gesetzesänderung sollen diese Kosten eindämmt werden.

Nach Ansicht des Bundesrates soll die Bewilligungspraxis der Gerichte vereinheitlicht und „mutwillige Rechtsverfolgung“ vermindert werden. Es soll vermehrt auf „alternative Hilfsangebote“ verwiesen und die Eigenbeteiligung der Rechtsuchenden von derzeit 10 auf 30 Euro erhöht werden. Zukünftig müsse der Antrag auf Beratungshilfe zwingend vor Beauftragung des Anwaltes gestellt werden; eine nachträgliche Kostenübernahme durch die öffentliche Hand wäre dann nicht mehr möglich. Die Gerichte sollen bessere Informationen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Rechtsuchenden erhalten, um zielgenauer deren Bedürftigkeit überprüfen zu können. Missbräuchlicher Gebrauch von Steuergeldern soll so effektiv verhindert werden.

Im Klartext bedeutet dies, dass einkommensschwachen Rechtssuchenden, denen pauschal unterstellt wird, mutwillig zu handeln – weil sie ja sonst nichts zu tun haben – der Weg zu ihrem Recht mit effektiven Methoden erschwert werden soll.

Zutreffend ist, dass eine ungleiche Bewilligungspraxis existiert. Bspw. im Bereich des Sozialrechts wird vom überwiegenden Teil der Gerichte Beratungshilfe mit dem Hinweis verwehrt, der Leistungsempfänger könne sich zunächst vom Jobcenter, also der Stelle, mit der er im Streit steht, beraten lassen. Das ist absurd und weit entfernt von der Lebenswirklichkeit. Niemand würde von einem Beschuldigten einer Straftat verlangen, dass er sich hinsichtlich seiner Verteidigung von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft beraten lässt.

Welche Qualität eine solche „alternative Beratung“ hat, zeigen überdies die zahlreichen Klageverfahren bei den Sozialgerichten. Nicht nur die Leistungsempfänger verlieren in einem Wust von Bewilligungs-, Änderungs-, Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden den Überblick und sollen sich von Leuten beraten lassen, die selbst nicht immer wissen was sie da beschieden haben. Einige wenige Gerichte, die berechtigte Zweifel an der Beratungskompetenz der Jobcenter haben, gewähren daher noch Beratungshilfe in diesem Bereich. Dem soll jetzt ein Riegel vorgeschoben werden.

Der Gesetzentwurf wird zunächst der Bundesregierung zugeleitet. Diese legt ihn innerhalb von sechs Wochen zusammen mit ihrer Stellungnahme dem Deutschen Bundestag vor. Es steht zu erwarten, dass diese „Abschaffung“ der Beratungshilfe demnächst Gesetz wird.

Quellen:
Pressemitteilung Bundesrat 140/2008 vom 10.10.2008
Pressemitteilung des Deutschen Anwaltvereins vom 13.10.2008
Beratungshilfe – Ein Problem nicht nur für Betroffene, RA Dan Mechtel im Berliner Anwaltblatt 12/2008, S. 460 ff. (PDF)

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