LG Hanau – Internet-Vertragsfallen / keine ausreichende Preisklarheit bei „Sternchenhinweis“


Auf zahlreichen Internetseiten werden „Dienstleistungen“ zumeist im Zusammenhang mit Gewinnspielen angeboten. Viele dieser vermeintlich kostenlosen Angebote entpuppen sich beim näheren Hinsehen als „Vertragsfalle“. Ganz am Ende der Seiten, in unscheinbar gestalteten Fußnoten, findet sich ein Hinweis, dass man mit der Anmeldung einen kostenpflichtigen Vertrag abschließt. Auch innerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die man mit einem Klick als zur Kenntnis genommen annimmt, finden sich die Vertragsmodalitäten.
Die Betreiberin einer solchen Seite, die Online Service Ltd., wurde daher von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) abgemahnt und vom Landgericht Hanau wegen vier ähnlich gestalteter Angebote zur Unterlassung verurteilt.

Es ging im Streitfall um Webseiten, die einen Lebenserhaltungstest, einen Berufswahltest und einen IQ-Test anboten sowie um ein Flirtportal. Für die Nutzung ist jeweils ein Nutzungsentgelt in Höhe von 59 Euro, bei dem Flirtportal in Höhe von 79,95 Euro zu entrichten. Hierbei sind die Websseiten jeweils so gestaltet, dass zunächst die Leistung beschrieben wird und sich dann unter der Rubrik Anmeldung ein Feld befindet, in welchem der Verbraucher seinen Namen, seine Anschrift und andere persönliche Daten eingeben kann. In der Überschrift zu diesem Feld heißt es: Bitte füllen Sie alle Felder vollständig aus! Hinter dem Ausrufezeichen befindet sich ein kleines Sternchen, zu dem sich am unteren Seitenrand ein Text befindet, der zunächst einen Hinweis auf die Speicherung der IP-Adresse und Ähnliches beinhaltet. Im letzten Satz dieses Absatzes wird sodann auch der Preis für die Teilnahme benannt, wobei die Preisangabe fettgedruckt ist. Lediglich beim Lebenserwartungstest befindet sich oberhalb des Kästchens für die Eintragung der Kundendaten nach dem Wort Anmeldung ein weiteres Mal das Sternchen, das auf den oben beschriebenen Sternchentext hinweist. Zwischen dem Feld für die Kundendaten und dem Sternchentext befindet sich ein weiteres Kästchen, in welchem der Verbraucher durch Setzen eines Häkchens die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, zu denen ein Link hinführt, akzeptieren muss. Darunter, also noch oberhalb des Sternchentextes, befindet sich der Startbutton für den Test.

Aus den Gründen:

Nach dem Grundsatz der Preisklarheit und Preiswahrheit des § 1 Abs. 6 Preisangabenverordnung muss der Preis dem Angebot oder der Werbung eindeutig zugeordnet sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar sein. Dazu gehört, dass sich der Preis und alle seine Bestandteile entweder in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der Werbung befinden oder der Nutzer jedenfalls in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der Werbung unzweideutig zu dem Preis mit allen seinen Bestandteilen hingeführt wird. Dabei kann zwar dem Medium Internet insoweit Rechnung getragen werden, als Informationen zu einem umfangreichen klaren Angebot zur Erhaltung der Übersichtlichkeit innerhalb einer Seitenhierarchie gegeben werden können, durch die sich der Nutzer „hindurch klickt“ oder scrollt. Dies ist dem durchschnittlich verständigen und aufgeklärten Internetnutzer auch bekannt.

Der aus § 1 Abs. 1 Preisangabenverordnung folgenden Pflicht zur vollständigen Angaben der Endpreise kann (vergleichbar wie in der Printwerbung) im Internet dabei auch dadurch nachgekommen werden, dass man einen Sternchenhinweis setzt, solange das Gebot gewahrt ist, dass der Nutzer klar und unmissverständlich auf die Entgeltpflicht und die Höhe des Entgelts hingewiesen wird. Diese Anforderungen des § 1 Abs. 6 Preisangabenverordnung sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Insofern kommt als ausreichend klare Angabe des Preises bereits von vorneherein nicht die Preisangabe in den AGBs in Betracht. Zum einen sind diese nicht auf der Seite abgedruckt, auf der sich das Angebot selbst befindet, sondern müssen durch einen Link abgerufen werden. Zwar widerspricht das Gebot, einem Link nachzugehen, im Internet nicht notwendig der erforderlichen Klarheit, da die für den durchschnittlichen Internetnutzer durchaus im Bereich des bekannten und gewohnten liegen dürfte. Demgegenüber muss der Verbraucher jedoch nicht damit rechnen, dass sich in den AGBs Preisangaben befinden, wenn der Angebotstext selbst keinen Hinweis auf eine dort zu findende weitergehende Preisinformation enthält. Schließlich handelt es sich bei der Entgeltzahlungspflicht um eine Hauptleistungspflicht des Vertrages, bei welcher der Verbraucher nicht davon ausgehen muss, diese in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen suchen zu müssen. Hierfür spricht auch die allgemeine Lebenserfahrung, dass allgemeine Geschäftsbedingungen bei solchen Geschäften allenfalls überflogen, nicht jedoch im Detail studiert werden.

Auch die Angabe im Sternchenhinweis auf der Webseite selbst entspricht nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 6 Preisangabenverordnung, da es hier an der erforderlichen Zuordnung der Preisangabe zu dem Angebot fehlt. Beim Berufswahltest, dem IQ-Test und dem Flirtportal befindet sich das Sternchen, dass zum Sternchentext am unteren Rand der Seite hinführt. lediglich an der Aufforderung, alle Datenfelder vollständig auszufüllen. In diesem Zusammenhang wird der Verbraucher jedoch keinen Hinweis auf eine Vergütungspflicht erwarten, sondern allenfalls zusätzliche Informationen, die mit dem Ausfüllen des Adressfeldes im Zusammenhang stehen. Auch im Bereich des Lebenserwartungstestes, bei dem sich ein weiteres kleinen Sternchen am dem Wort Anmeldung in der Unterüberschrift befindet, muss ein Verbraucher nicht mit Angaben bezüglich des Preises als der ihm obliegenden Hauptleistungspflicht rechnen, da auch diese Unterüberschrift räumlich im Zusammenhang mit dem Adressfeld platziert ist. Dass in dem Text befindliche Sternchen und der Sternchenhinweis selbst werden außerdem durchbrochen durch einen auffälligen und nicht zu übersehenden Button, mit dem der Test gestartet werden kann, der sich also noch vor dem Hinweis auf den Preis befindet.

Schließlich wird eine ausreichende Deklarierung des Preises auch nicht durch den Sternchentext selbst gewährleistet. Zum einen handelt es sich hier um Fließtext, der aus mehreren Sätzen besteht und zunächst auf eine Speicherung der IP-Adresse und Ähnliches hinweist. Die Preisangabe ist demgegenüber erst im letzten Satz am unteren Ende der Webseite ohne Bildung eines weiteren Absatzes oder Ähnliches enthalten. Angesichts dieser Stellung und der gewählten kleinen Schriftart reicht auf dieser Grundlage auch der Fettdruck des Preises zur Erfüllung des Gebotes der Preisklarheit nicht aus. Dies gilt um so mehr, als sich auf den Webseiten insgesamt etliche durch Fettdruck, Farbe und Größe hervorgehobene Worte und Buttons befinden, die dem Verbraucher erheblich deutlicher ins Auge stechen, als die demgegenüber verblassende Preisangabe. Nach Auffassung des Gerichts muss ein durchschnittlicher Internetnutzer auch nicht ohne weiteres mit einer Vergütungspflicht des Angebots der Beklagten rechnen, da im Internet durchaus auch kostenlose Dienstleistungen angeboten werden. Um so mehr waren die Beklagten gehalten, die Vergütungspflicht der von ihnen angebotenen Dienstleistungen eindeutig klar zu stellen.

LG Hanau, Urteil vom 07.12.2007, AZ: 9 O 870/07
MMR 2008, 488 und als PDF auf Medien Internet und Recht, MIR 2008 Dok. 059

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