Kammergericht – 1.000 Euro Schmerzensgeld pro Monat bei HWS-Distorsion angemessen


Die Geschädigte eines Verkehrsunfalls, die u.a. eine Hals-Wirbelsäulen-Distorsion 1. Grades erlitt, verlangte von der Versicherung des Unfallgegners ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.500 Euro, Ersatz ihres Sachschadens sowie die Feststellung, dass die Versicherung auch für künftige Unfallfolgen aufkommen müsse. Die Versicherung des Unfallgegners zahlte insgesamt nur 2.400 Euro. Auf die Klage erkannte das Landgericht Berlin der Geschädigten ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.250 Euro zu, verrechnete den darüber hinaus gezahlten Betrag auf den Sachschaden und wies den Feststellungsantrag zurück.

Die Berufung der Klägerin zum Kammergericht hatte nur hinsichtlich eines Teils der Schmerzensgeldforderung Erfolg. Das Kammergericht hielt ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500 EUR für angemessen, so dass sich unter Berücksichtigung der bereits gezahlten 2.400 EUR ein Anspruch in Höhe von noch 100 EUR ergab.

Aus den Gründen:

Das Berufungsgericht ist nach aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 28. März 2006 – VI ZR 46/05 -, z.B. NJW 2006, 1589; MDR 2006, 1123), auch nach der Reform des Rechtsmittelrechts gehalten, die erstinstanzliche Schmerzensgeldbemessung auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Hält das Berufungsgericht sie für zwar vertretbar, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, so darf und muss es nach eigenem Ermessen einen eigenen, dem Einzelfall angemessenen Schmerzensgeldbetrag finden. (…)

Entsprechend dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. P und den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Urteils des Landgerichts ist von einer zehnwöchigen unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit auszugehen (bis 31. Dezember 2002), anschließend war die Arbeitsfähigkeit noch ein Jahr lang um 20 %, bzw. 15 % und 10 % eingeschränkt. Neben der HWS-Distorsion 1. Grades hat die Klägerin noch die im Urteil des Landgerichts genannten geringfügigeren Verletzungen (Beckenprellung, Platzwunde auf dem Handrücken, Schürfwunde am linken Bein) erlitten, die folgenlos ausgeheilt sind.

Der Senat, der geschäftsplanmäßig u.a. für Verkehrssachen zuständig ist, hat in der Vergangenheit in ähnlich gelagerten Fällen ein Schmerzensgeld im Bereich von 1.000 EUR pro Monat Erwerbsunfähigkeit (MdE mindestens 50 %) zugesprochen, so dass sich im vorliegenden Fall ein Schmerzensgeld von 2.500 EUR ergibt (z.B. Urteil vom 19. Februar 2007 – 22 U 30/06 -; Urteil vom 16. September 2005 – 22 U 232/04). Ergänzend wird noch beispielhaft auf Nr. 509 der „Schmerzensgeldtabelle“ von Hacks/Ring/Böhm, 25. Auflage, 2007, hingewiesen: Urteil des Landgerichts München I vom 11. Juli 2003 – 19 O 15850/02 1.000 EUR HWS-Trauma, 22 Tage arbeitsunfähig, wegen massiver muskulärer Blockaden war hier außerdem eine intensive physiotherapeutische Behandlung notwendig. (…)

Der Feststellungsantrag ist (…) unbegründet. Die Begründetheit setzt voraus, dass eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden besteht. Daran fehlt es hier. Der Sachverständige hat unfallbedingte Dauerfolgen eindeutig ausgeschlossen (…). Auch aus anderen Verfahren ist dem Senat bekannt, dass leichte HWS-Verletzungen selbst folgenlos ausheilen und etwaige Beschwerden aus orthopädischtraumatologischer Sicht dann nicht mehr auf den der HWS-Distorsion 1. Grades zugrunde liegenden Verkehrsunfall zurückzuführen sind. (…)

KG, Urteil vom 3. September 2007, AZ: 22 U 196/06 – PDF
Vorinstanz: Landgericht Berlin, Urteil vom 15. November 2006, AZ: 24 O 473/05

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