LG Rostock – Gemeinde haftet nicht bei einem Sturz auf desolatem Radweg


Die spätere Klägerin befuhr mit dem Fahrrad einen asphaltierten Radweg, der im Gemeindegebiet der beklagten Kommune liegt. Der Weg befand sich in einem äußerst schlechten Zustand und wies etliche Schlaglöcher auf. Die Klägerin behauptete, einem besonders großen Schlagloch ausgewichen zu sein. Dabei sei sie mit dem Vorderrad auf den unbefestigten Seitenstreifen geraten und schwer gestürzt.

Die Klägerin machte gegen die Kommune einen Amtshaftungsanspruch wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht geltend und verlangte ein Schmerzensgeld sowie Ersatz von entstandenen und künftigen Schäden.

Das Landgericht Rostock wies die Klage ab. Zwar obliegt der Gemeinde als Träger der Straßenbaulast auch die Verkehrssicherungspflicht, diese wurde aber hier nicht verletzt.

Aus den Gründen:

(…) Grundsätzlich muss sich der Straßenbenutzer den Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet. Der Verkehrssicherunspflichtige muss nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag. Es ist also nur eine Warnung vor unvermuteten Gefahren nötig. Vor Besonderheiten einer Straße, die ein sorgfältiger Kraft- bzw. Fahrradfahrer im Verkehr mit einem beiläufigen Blick erfasst, braucht nicht gewarnt zu werden (vgl. OLG Rostock, MDR 2001, 1052; MDR 2000, 638; OLG-NL 2000, 103, jeweils m.w.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Die Klägerin hatte schon weit vor der Unfallstelle den schlechten Zustand des Fahrradweges erkannt und fuhr (nach ihrem Vortrag) in Schlangenlinien um vorhandene Schlaglöcher. Es war für die Klägerin nicht überraschend, dass sich dieser Zustand des Fahrradweges auch nach einer Kurve fortsetzt. Angesichts des gut erkennbaren Zustandes des Fahrradweges hätte die Klägerin demzufolge ihre Geschwindigkeit vermindern müssen, um auch nach der Kurve um etwaige Schlaglöcher herumzufahren. Wegen dieser offenkundigen Gefahr bestand keine Verkehrssicherungspflicht der Beklagten, den Fahrradweg auszubessern oder vor etwaigen Gefahren durch Schlaglöcher zu warnen. Dies gilt umso mehr, als auch für Fahrradfahrer das Sichtfahrgebot gemäß § 3 Abs. 1 S. 4 StVO gilt.

LG Rostock, Urteil vom 25.08.2004, AZ: 4 O 139/04 (veröffentlicht in MDR 2005, 396)

Praxisrelevanz:
Im Ergebnis sind die kommunalen Träger der Verkehrssicherungspflicht also gut beraten, überhaupt keine Ausbesserungsarbeiten mehr durchzuführen. Denn je schlechter der Zustand der Straße, umso geringer anscheinend die Verkehrssicherungspflicht. Im vorliegenden Fall musste die Gemeinde noch nicht einmal mher vor den Gefahren warnen, der Zustand der Straße sei schließlich Warnung genug.

, , , , , ,