BGH – Voraussetzungen des Schuldnerverzuges


(c) Stephanie Hofschlaeger / Pixelio

Hofschlaeger/Pixelio

Eine Praxis für Physiotherapie rechnete am 14.09.2004 gegenüber einer Privatpatientin Leistungen ab. Den Rechnungsbetrag sollte die Patientin bis zum 05.10.2004 auf das angegebene Konto der Praxis überweisen. Eine Zahlung erfolgte nicht, Ende September 2004 zog die Patientin um und erteilte der Post einen Nachsendeauftrag. Die Praxis versandte erfolglos zwei weitere Zalungsaufforderungen, allerdings an die frühere Adresse der Patientin, und beauftragte, nachdem auch darauf keine Zahlung erfolgte, einen Rechtsanwalt.
Auf dessen Aufforderung zahlte die Patientin die Rechnung, weigerte sich aber, Zinsen und Rechtanwaltskosten zu übernehmen, da sie zuvor keine Mahnungen erhalten haben will.

Die Praxis klagte daher auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren, der Kosten für eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt. Amtsgericht und Landgericht haben die Klage der Praxis abgewiesen. In der zugelassenen Revision stellte auch der BGH mit Urteil vom 25.10.2007, AZ: III ZR 91/07, fest, dass mangels Verzug die beklagte Patientin nichts zahlen müsse.

Aus den Gründen:

Mangels sonstiger Pflichtverletzungen der Beklagten könnte die Klägerin Ersatz ihrer Aufwendungen sowie die mit dem Hauptantrag geforderten Zinsen zutreffend nur als Verzögerungsschaden wegen Verzugs der Beklagten verlangen (§ 280 Abs. 1 und 2, § 288 Abs. 1 BGB i.V.m. § 286 BGB). Für einen Schuldnerverzug genügt jedoch die Übersendung einer Rechnung mit der einseitigen Bestimmung eines Zahlungsziels seitens des Gläubigers regelmäßig nicht. Die Beklagte ist deswegen erst durch Zugang des anwaltlichen Mahnschreibens (…) in Verzug geraten. Die mit der Klage noch geltend gemachten Schäden sind indessen nicht als Folge dieses Verzugs, sondern bereits vorher entstanden und daher insgesamt nicht ersatzfähig.

Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Mahnung bedarf es gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist. Eine solche Bestimmung muss aber durch Rechtsgeschäft – in der Regel in dem zugrunde liegenden Vertrag -, durch Gesetz oder in einem Urteil getroffen worden sein. Die einseitige Festlegung einer Leistungszeit durch den Gläubiger reicht, sofern dieser nicht nach § 315 BGB zur Bestimmung der Leistung berechtigt ist (…), für die Anwendung der Vorschrift nicht aus (…).

§ 286 Abs. 3 Satz 1 BGB greift im Streitfall zugunsten der Klägerin nicht ein. Nach dieser Vorschrift kommt der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens dann in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet. Dies gilt jedoch gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist (§ 13 BGB), nur, wenn er auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Daran fehlt es hier.

Die Entscheidung hängt demnach davon ab, ob die Klägerin die Beklagte schon vor dem Anwaltsschreiben (…) im Sinne des § 286 Abs. 1 BGB gemahnt hat. Das ist mit den Vorinstanzen ebenfalls zu verneinen. Die Angabe einer Zahlungsfrist bis zum 5. Oktober 2004 in der Rechnung der Klägerin vom 14. September 2004 enthält nach der rechtsfehlerfreien Auslegung des Berufungsgerichts keine befristete Mahnung, sondern allein die Einräumung eines Zahlungsziels. Die beiden späteren Zahlungsaufforderungen (…) sind, wie die Vorinstanzen unangegriffen festgestellt haben, der Beklagten nicht zugegangen.

Als verzugsbegründende Mahnung genügt zwar jede eindeutige und bestimmte Aufforderung, mit der der Gläubiger unzweideutig zum Ausdruck bringt, dass er die geschuldete Leistung verlangt; auf die Rechtsfolgen eines Verzugs muss – anders als im Fall des § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB – nicht hingewiesen werden (…).

Umso mehr gilt dies jetzt vor dem Hintergrund des § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB, der dem Gläubiger Verbrauchern gegenüber eine zusätzliche Belehrung abverlangt. Es ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanzen die kalendermäßige Bestimmung eines Zahlungsziels in der Rechnung der Klägerin ohne Hinweis auf einen Verzugseintritt oder ähnliche Zusätze nur als Angebot zu einer Stundung oder einem pactum de non petendo interpretiert haben, das die Beklagte als ihr günstig gemäß § 151 BGB stillschweigend annehmen konnte (…), wobei die rechtliche Qualifizierung im Einzelnen dahinstehen kann.

Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts, die das Berufungsgericht übernommen hat, sind die beiden folgenden Mahnschreiben der Klägerin (…) der Beklagten nicht zugegangen. Sie muss sich auch nicht so behandeln lassen, als hätten diese Mahnungen sie erreicht. Es trifft zwar zu, wie das Amtsgericht ausgeführt hat, dass der Schuldner bei bestehenden vertraglichen Beziehungen gehalten ist, im Falle eines Umzugs Vorkehrungen für den Zugang rechtsgeschäftlicher Erklärungen seines Vertragspartners zu treffen (…). Hierfür genügt jedoch jedenfalls bei Verbrauchern ein Nachsendeauftrag bei der Post. Diesen Auftrag hat die Beklagte erteilt. Etwaige Fehler der Post oder der Klägerin selbst bei der Beförderung der Briefe, weil die Klägerin die Hausnummer der alten Anschrift unrichtig angegeben hatte, wären der Beklagten nicht anzulasten.

BGH, Urteil vom 25.10.2007, AZ: III ZR 91/07
Vorinstanzen: AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 07.06.2006 – 104a C 160/06 – LG Berlin, Entscheidung vom 20.02.2007 – 53 S 166/06 –

Praxisrelevanz:

Zahlt ein Schuldner auf eine fällige Rechnung nicht und wird er deswegen vom Gläubiger gemahnt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Eine Mahnung ist entbehrlich, wenn die Zahlung kalendermäßig bestimmt bzw. bestimmbar ist (§ 286 Abs. 2 BGB). Darüber hinaus kommt der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung leistet – gegenüber einem Verbraucher muss hierauf in der Rechnung hingewiesen worden sein (§ 286 Abs. 3 BGB). Mit Verzugseintritt ist der Schuldner zum Ersatz des Verzögerungsschadens verpflichtet, er schuldet also Schadensersatz (§ 280 Abs. 2, § 286 BGB). Bezüglich Geldforderungen bedeutet das insbesondere den Ersatz des Zinsschadens und der Rechtsverfolgungskosten.

In dem vorliegenden Fall hat die Praxis für Physiotherapie den Fälligkeitszeitpunkt der Zahlung in der Rechnung zwar bestimmt, konnte aber den Zugang der nach Fälligkeit versandten Mahnungen nicht nachweisen. Die Patientin konnte den Erhalt der Mahnungen auch einfach abstreiten, da nach den Beweislastregeln im Zivilprozess jeder die für ihn günstigen Tatsachen beweisen muss. Demnach die Praxis den Zugang der verzugsbegründenden Mahnungen, was bei einfachem Postversand nicht möglich ist. Die anwaltliche Mahnung stellte demnach die erste Zahlungsaufforderung nach Fälligkeit dar, auf welche die Patientin auch sofort zahlte.

Die Praxis hätte es sich einfach machen und mit der Rechnung eine bedingte Mahnung verbinden können. Hierfür hätten, da es sich bei der Patientin um eine Verbraucherin handelte, lediglich die Voraussetzungen des § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB erfüllt sein müssen. Dieser lautet:

„Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist.“

Der in der Rechnung für Verbraucher damit zur Verzugsbegründung erforderliche Hinweis könnte lauten:

„Es wird darauf hingewiesen, dass Sie mit der Entgeltforderung spätestens dann in Verzug kommen, wenn Sie nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang dieser Rechnung geleistet haben. Einer gesonderten Mahnung bedarf es in diesem Fall nicht.“

Dieser Hinweis spart bares Geld.

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