AG München – Nicht alles im Internet ist kostenlos, aber nicht alles muss auch bezahlt werden


(c) Mensi / Pixelio

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Im Zusammenhang mit sogenannten „Vertragsfallen“ im Internet, hat das Amtsgericht München mit Urteil vom 16.01.2007, Az: 161 C 23695/06, die Zahlungsklage eines Seitenbetreibers abgewiesen. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass ein in den allgemeinen Geschäftsbedingungen versteckter Hinweis auf die Zahlungspflicht bei Inanspruchnahme eines Internetangebotes, überraschend und damit unwirksam sein kann, wenn nach dem Erscheinungsbild des Internetauftrittes nicht mit einer kostenpflichtigen Leistung gerechnet werden musste.

Der klagende Seitenbetreiber bietet auf verschiedenen Internetseiten Dienstleistungen an, so z.B. die Möglichkeit, die eigene Lebenserwartung berechnen zu lassen. Nach Beantwortung bestimmter Fragen durch einen Nutzer des Angebotes wurden diese Informationen unter Heranziehung wissenschaftlicher Statistiken ausgewertet und das Ergebnis in Form einer Urkunde zum Download bereitgehalten.

Bei Aufruf der Seite gelangte der Internetnutzer zunächst auf die Startseite. Dort wurde die Dienstleistung beschrieben und auf Gewinnspiele hingewiesen. Auf der Anmeldeseite wurden die Leistungen und Werbemittel (Gewinne und Gutscheine) nochmals dargestellt und ein Registrierungsformular bereitgehalten. Unter der Eingabemaske für die Nutzerdaten befand sich ein Link zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen, darunter befand sich der Anmeldebutton. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen mussten zunächst durch extra Anklicken akzeptiert werden, dann war eine Anmeldung möglich. Etwas unterhalb des Anmeldebuttons befand sich ein mehrzeiliger Text, indem unter anderem auch auf den Nutzerpreis in Höhe von 30 Euro hingewiesen wurde. Die genaue Regelung dazu befand sich innerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Die letztlich verklagte Nutzerin ließ sich ihre Lebenserwartung berechnen. Als sie jedoch eine Rechnung über 30 Euro bekam, verweigerte sie die Zahlung mit der Begründung, sie habe nicht erkennen können, dass die angebotene Leistung auch etwas koste. Der Seitenbetreiber vertrat die Ansicht, durch die Erklärung, die allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen und akzeptiert zu haben, sei der Preis wirksam vereinbart worden.

Die beim Amtsgericht München mit dem Rechtsstreit befasste Richterin nahm die betreffende Internetseite selbst in Augenschein und kam zu dem Ergebnis, dass dem Besucher zunächst bewusst vorenthalten wird, dass es sich um eine kostenpflichtige Leistung handele. Er würde mit einem Gewinnspiel und einem Gutschein gelockt, ohne dass auf die Kosten hingewiesen würde. Ein Hinweis auf einen „kommerziellen“ Zweck reiche dafür allein nicht aus. Damit könnten auch Werbepartner gemeint sein, die durch die Adressensammlung aus dem Gewinnspiel profitieren.

Ein wirksamer Vertrag zu den Bedingungen, die der Seitenbetreiber innerhalb der AGB vorgibt, sei wegen eines versteckten Eignungsmangels über den Preis überhaupt nicht zustande gekommen, § 155 BGB. Da es dem Seitenbetreiber erkennbar und wesentlich gerade auf eine zahlungspflichtige Leistung ankomme, sei der Vertrag wegen des Einigungsmangels in diesem Hauptpunkt überhaupt nicht wirksam geschlossen worden.

Eine Anmeldung sei nach Inaugenscheinnahme durch die Richterin ohne weiteres möglich gewesen, ohne die Mitteilung über den Preis, die sich unterhalb des Anmeldebuttons befand, gesehen zu haben. Beim Anklicken und Bestätigen der allgemeinen Geschäftsbedingungen müsse nicht damit gerechnet werden, dass gerade hier sich versteckt die Zahlungspflicht befindet. Zwar können grundsätzlich auch Zahlungspflichten in allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt werden, aber in diesem konkreten Fall werde in den allgemeinen Geschäftsbedingungen die Vereinbarung erstmals als kostenpflichtiger Vertrag dargestellt. Insgesamt sei die Regelung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen nach den gesamten Umständen, dem Aufbau und dem äußeren Erscheinungsbild der Webseite der Klägerin so ungewöhnlich und daher überraschend nach § 305c Absatz 1 BGB, dass sie unwirksam und damit nicht Vertragsbestandteil geworden sei. Die Klage war daher abzuweisen.

AG München, Urteil vom 16.01.2007, Az: 161 C 23695/06 (rechtskräftig)

Quellen:
Pressemitteilung des AG München
Kurztext zur Entscheidung auf Medien Internet und Recht
Volltext der Entscheidung als pdf (MIR 03/2007, Dok. 083)

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